Südwest Presse: Kommentar zur Gedenkstunde

In Deutschland gibt es seit langem offene, verdeckte
und gedankenlose Fremdenfeindlichkeit, in der Bevölkerung, in der
Politik und in den Medien. Diesen wissenschaftlich erwiesenen
Tatbestand kann niemand leugnen. Der alltägliche Rassismus kommt oft
scheinbar harmlos daher, manchmal als bewusste Verachtung. „Für den
Triumph des Bösen“, so hat Angela Merkel den irischen Philosophen
Edmund Burke jetzt zitiert, „reicht es, wenn die Guten nichts tun.“
Die Bundeskanzlerin hat mit ihrer Rede zum Gedenken an die Mordopfer
des Rechtsterrorismus ein bemerkenswertes Zeichen für Toleranz und
Zivilcourage gesetzt, gegen Ausgrenzung und Gewalt. Sie hat den
richtigen Ton getroffen, um den Angehörigen Mitgefühl und Solidarität
auszudrücken, ja auch unsere Scham angesichts eines Abgrunds an
Menschenverachtung und Hass. Die Sprecher der betroffenen Familien
wiederum haben ihren Willen zur Integration auf eine Weise bezeugt,
die wir nur mit großem Respekt und voller Dankbarkeit zur Kenntnis
nehmen können. Diese würdige Gedenkstunde macht kein Verbrechen
ungeschehen. Aber sie steht für das Bekenntnis von Staat und
Gesellschaft, die Morde der Neonazis rückhaltlos aufzuklären und dem
braunen Terror wehrhaft zu begegnen. Wir alle werden uns an dieser
kollektiven Selbstverpflichtung immer wieder messen lassen müssen –
die Bevölkerung, die Politik und die Medien.

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218