Neues Deutschland: zum politischen Aschermittwoch

Warum bekommt der Politische Aschermittwoch
eigentlich so viel Aufmerksamkeit? Das Ritual stammt aus Bayern, hat
mit Karneval zu tun und mit der Bonner Republik, in der es Jecken zur
Leitkultur bringen konnten. Drei Gründe, um Nicht-Jecken dagegen
einzunehmen. Noch dazu ist das Ganze strunzlangweilig. Neues wird
jedenfalls nicht erzählt. Statt dessen dürfen wir Politikern dabei
zusehen, wie sie sich einmal im Jahr wie »offene Hose« benehmen, um
im Jargon zu bleiben. Das mag die eigenen Reihen schließen, aber zu
vermelden ist eben nur: Wer hat am derbsten und lautesten auf den
politischen Gegner eingeschlagen? Mit Politik hat das nichts zu
tun. Oder vielleicht doch: Mit schlechter. Politiker geben sich
volkstümlich, wo sie längst weit weg sind. Je weniger es tatsächlich
um etwas geht, umso mehr verkommt Politik zur Show. Eigentlich müsste
man diesen populistischen Höhepunkt des Jahres streichen. Oder ihn
wie alle Dinge ohne Neuigkeitswert behandeln und ignorieren. Doch die
Medien lieben diesen Tag der markigen Sprüche. Ein argumentfreies
»Blödsinn« schaffte es schon immer leichter in die Schlagzeilen als
fundierte Sachkritik. So berichten sie, wo es nichts zu berichten
gibt. Fast alle machen mit. Nicht mitzuziehen ist entsprechend
schwer, zumal Prominenz am Start ist. Und das Polittheater dreht sich
munter weiter.

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