neues deutschland: Zur geplanten Massenentlassung bei Siemens

Mit derart viel und derart heftigem Protest dürfte
die Siemens-Führung wohl nicht gerechnet haben, als sie ihre
Kahlschlagspläne im Generatorenbereich entwerfen ließ. In Zeiten, in
denen es allgemein Rekordjobzahlen gibt und der Konzern in anderen
Bereichen ja auch einstellt, sollte das problemlos durchgehen. Doch
da hat sich Konzernchef Joe Kaeser offenbar grandios verrechnet. Es
geht eben nicht um ein paar Striche mit dem Rotstift in Papieren,
sondern um konkrete persönliche Schicksale in konkreten Regionen.
Gerade in Görlitz, wo ja schon Bombardier massiv Stellen streichen
will, droht das gesamte industrielle Rückgrat wegzubrechen. Und dass
man sich überhaupt vor allem auf den Osten mit seiner schwachen
Industriestruktur stürzt, sorgt grenz- und parteienübergreifend für
politischen Schulterschluss. Gerade wegen der guten Wirtschaftslage
ist das Unverständnis groß. Auch Siemens macht im Gesamtkonzern
gewaltige Gewinne, da sollte die Durststrecke in zwei Teilbereichen
kein großes Problem darstellen. Es ist ermutigend, dass der
Gesamtbetriebsrat die Pläne nicht als Verhandlungsgrundlage ansieht.
Denn wer sich in Gespräche über die Details des Stellenabbaus begibt,
hat sich im Prinzip schon damit abgefunden. Entscheidend wird aber
sein, ob die Gewerkschaften genug Unterstützung aus Politik und
Gesellschaft bekommen und ob auch nicht betroffene Standorte
solidarisch sind. Heute sind es Görlitz, Leipzig und Berlin – morgen
vielleicht München und Erlangen?

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