NOZ: Verbraucherzentrale: Schon fast 400 000 VW-Kunden schließen sich Sammelklage an

Verbraucherzentrale: Schon fast 400 000
VW-Kunden schließen sich Sammelklage an

vzbv-Vorstand Müller: Das sprengt alle Erwartungen –
Verbraucherschützer wollen sich als nächstes Banken vornehmen –
Forderung nach klarer Lebensmittelkennzeichnung

Osnabrück. Immer mehr VW-Kunden schließen sich der
Musterfeststellungsklage gegen den Autobauer an: „Wir nähern uns der
Marke 400 000. Bis Ende dieser Woche haben sich beim Bundesamt für
Justiz 377 000 Menschen ins Klageregister eingetragen“, sagte Klaus
Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv), der
„Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Das sprengt alle Erwartungen und zeigt:
Die Wut auf Volkswagen ist riesengroß.“ Die Zahl könne „noch
erheblich steigen“, sagte Müller. Geschädigte Kunden hätten bis zum
ersten Tag vor der mündlichen Verhandlung Zeit, sich anzuschließen.
„Und wir erwarten, dass der Prozess wahrscheinlich nicht vor dem
Frühjahr beginnt.“ Der vzbv hat die Musterfeststellungsklage
übernommen. Müller forderte von VW, eine „signifikante Entschädigung“
anzubieten. Komme es nicht zum Vergleich, würden letztlich alle
Kunden individuell die Höhe des Schadensersatzes einklagen. „Davor
kann ich VW nur warnen. Das wäre für die Geschädigten ein Elfmeter
ohne Torwart“, sagte Müller. Als nächsten Schritt erwägt der vzbv
Sammelklagen gegen Banken: „Wir können nun Musterfeststellungsklagen
gegen Banken einreichen, die ihren Kunden zu hohe Gebühren abgeknöpft
haben“, kündigte Müller an. In der Niedrigzinsphase hätten viele
Institute eine „ungeahnte Kreativität“ entwickelt, um Entgelte zu
erheben, „für die sie keine Gegenleistungen erbringen“. Trotz klarer
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hätten sich Zehntausende von
Betroffenen bislang nicht wehren können. Müller gab zu bedenken:
„Hier geht es für die Einzelnen nicht um dramatische Summen, aber
auch 200 oder 300 Euro, die die Kunden erstattet bekommen könnten,
sind viel Geld und summieren sich auf Unternehmensseite zu
gigantischen zu Unrecht eingefahrenen Gewinnen.“ Der vzbv-Chef
erhöhte den Druck auf Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU),
für eine klare Lebensmittelkennzeichnung zu sorgen: Es sei „höchste
Zeit, politische Entscheidungen zu treffen. Ich erwarte, dass sie
diese auf der Grünen Woche endlich liefert!“, sagte Müller mit Blick
auf die weltweit größte Agrarmesse, die in knapp zwei Wochen startet.
„Wir brauchen ganz dringend eine einfache Kennzeichnung, aus der auf
einen Blick hervorgeht, welche Fertigprodukte gesünder sind und in
welchen besonders viel Salz, Fett oder Zucker steckt.“ Durch die
Ankündigungen von Danone und Iglu, in Eigenregie eine Kennzeichnung
einzuführen, zeigte sich Müller alarmiert. „In Deutschland drohen
erste Konzerne, die Politik zu überholen. Das birgt die Gefahr eines
Flickenteppichs, der die Verbraucher verwirrt anstatt zu
informieren“, sagte Deutschlands oberster Verbraucherschützer. „Diese
Zumutung muss uns Julia Klöckner ersparen! Neben Frankreich seien
auch Belgien und Spanien schon weiter und hätten sich auf ein
einheitliches Modell (Nutri Score) geeinigt. „Durch ein Handeln der
Ministerin könnte millionenfaches Leid begrenzt werden“, appellierte
Müller an Klöckner. Immer mehr Menschen – vor allem Kinder – seien
übergewichtig. Die Ausgaben der Krankenkassen zur Diabetes-Behandlung
explodierten. „Lebensmittel so zu kennzeichnen, dass Salz-, Fett-
oder Zuckerbomben sichtbar werden, ist der allereinfachste Schritt,
um das zu ändern“ sagte er, und ergänzte: „Dass sich die
Lebensmittelindustrie seit Jahren dagegen wehrt, ist ein Trauerspiel.
Frau Klöckner sollte sich jetzt schnell mit Gesundheitsminister Jens
Spahn unterhaken und das Drama beenden.“

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