Fast ein Jahr nach der Loveparade-Katastrophe hat
Adolf Sauerland seine Sprachlosigkeit überwunden. Doch seine
Entschuldigung kommt zu spät. Erst fand der glücklose
Oberbürgermeister keine Worte, jetzt wählte er die richtigen Sätze,
aber den falschen Moment.
Kurz vor der Ausstrahlung großer TV-Dokumentationen über die
Hintergründe der Loveparade-Katastrophe und nach Medienberichten über
die offensichtliche Mitverantwortung der Stadt Duisburg wirkten die
wenigen Sätze des Bedauerns erzwungen. Wahrhaftig wäre diese Reaktion
am Tag nach dem Unglück gewesen. Nun erscheint das von viel Tamtam
begleitete Bekenntnis zur „moralischen Verantwortung“, das seit einem
Jahr viele Duisburger Bürger von ihrem höchsten Repräsentanten
erwarten, gestelzt und unaufrichtig. Und mögen die Sätze Adolf
Sauerland selbst wie eine Erlösung erscheinen, für die Angehörigen
haben sie nach einem Jahr respektlosen Schweigens nur wenig
Heilsames.
Würdig war die Medieninszenierung nicht zu nennen. In Duisburg
setzt sich die Kette der Peinlichkeiten bei der Aufarbeitung der
Tragödie fort. In der Hauptrolle immer der Oberbürgermeister.
Nein, es geht Adolf Sauerland nicht um die Opfer und ihre
Angehörigen. Es geht wie immer um ihn selbst und sein Amt. Was hat
ihn so lange gehindert, sich bei den Opfern zu entschuldigen?
Juristisch nichts. Es muss menschliche Gründe dafür gegeben haben.
Beinahe muss man mit diesem Mann Mitleid haben. Was hat ihn so lange
gehindert, der Opfer zu gedenken, Trauer und vielleicht auch Scham zu
zeigen? Jetzt wird er sich noch nicht einmal bei den Gedenkfeiern
eingeladen fühlen. Stattdessen erhält die beispiellose Bürgerbewegung
zu seiner Abwahl immer mehr Zulauf.
Ein Rücktritt des Oberbürgermeisters ist überfällig. Kurz nach der
Katastrophe wäre dieser Schritt ehrenhaft gewesen und dem „alten“
Adolf Sauerland, dem jovialen, beliebten Bürgerkönig von Duisburg,
hat man diese Konsequenz zugetraut. Jetzt ist er zur tragischen Figur
geworden, eine Last für eine Stadt, die es ohnehin schwerer hat als
viele andere.
Es ist nun auch zu fragen, wer Sauerland eigentlich darin bestärkt
hat, diese Tragödie aussitzen zu können. Diese falschen Freunde haben
an der Misere eine große Mitschuld.
Währenddessen kommt die Staatsanwaltschaft bei der Aufklärung des
Unglücks voran. Es wird schon jetzt deutlich, was viele angesichts
der eingepferchten Menschen ahnten: Die Duisburger Loveparade hätte
niemals genehmigt werden dürfen.
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