Am Sonntag geht es in Duisburg nicht allein um die
Person Adolf Sauerland. Erst recht nicht um CDU oder SPD. Diese Wahl
ist keine politische, sondern eine moralische. Es geht um die
Aufarbeitung des Skandals der Loveparade. Es geht darum, dass den
Angehörigen und dem Andenken von 21 Toten Gerechtigkeit widerfährt.
Die Entscheidung über Adolf Sauerland ist historisch. Erstmals in der
Geschichte NRWs hat es ein Oberbürgermeister geschafft, seine
Bevölkerung derart gegen sich aufzubringen, dass zigtausend Menschen
ein formelles Abwahlverfahren in Gang setzen konnten. Herr Sauerland
sieht sich selbst als Opfer, spricht voller Selbstmitleid von einer
„sozialistischen Kampagne“ und einer „Hetzjagd“ der Presse. Damit
stellt er erneut unter Beweis, wie sehr er den Kontakt zur
Wirklichkeit verloren hat. Er hört nicht den zornigen Protest,
versteht keine Kritik, fühlt nicht die verletzte Seele seiner Stadt.
Zur Erinnerung: Opfer waren die Menschen, die im sommerlich schönen
Duisburg fröhlich feiern wollten und dann sterben mussten oder schwer
verletzt wurden, weil die Stadt zu einer schlampig vorbereiteten
Massenparty eingeladen hatte. In der Stunde dieser Katastrophe hatte
Sauerland völlig versagt, als er den Todesopfern selbst die Schuld an
ihrem Schicksal zusprach. Die Loveparade war eine Todesfalle, die
niemals hätte genehmigt werden dürfen. Der Oberbürgermeister hätte
für die vielen Schuldigen die moralische Verantwortung übernehmen und
zurücktreten müssen. Damit hätte er Anstand bewiesen, eine Tugend,
die gerade in Duisburg hoch geschätzt wird. Doch in der Zeit der
schlimmsten emotionalen Erschütterung zeigte er Feigheit. Außer
hilflosem Schweigen oder peinlichen Floskeln hatte Sauerland nichts
zustande gebracht. Nein, man musste sich für seine Auftritte schämen,
zum Teil bis zum heutigen Tag. Statt zu trösten und die Wunden im
Lebensgefühl der Stadt zu heilen, verstrickte er sich in
Widersprüchen, versuchte seine Hände in Unschuld zu waschen.
Irgendwann, so hofften viele, muss das Fass doch überlaufen und der
Oberbürgermeister abtreten. Stattdessen wurde Sauerland zur
tragischen Symbolfigur für den gewissenlosen Sesselkleber. Nun haben
die Duisburger das Wort. Die Hürde für die Abwahl ist sehr hoch.Aber
schon der Massenprotest macht klar: Adolf Sauerland führt seine Stadt
nicht, er spaltet sie.
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