Arbeit am Wirtschaftsstandort Deutschland ist
teuer. Teurer zumindest als in Ländern wie Bulgarien oder Rumänien,
die Lohnkosten in Deutschland liegen deutlich über dem europäischen
Durchschnitt. In den zurückliegenden zwei, drei Jahren gab es für
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Bundesrepublik seit langer
Zeit wieder einmal inflationsbereinigt ein leichtes Plus im
Portemonnaie – mit einer Null vor dem Komma zwar, aber immerhin ein
Plus. Angesichts der aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes
ist abzusehen, dass die Arbeitgeber mit einer klaren Ansage an die
Gewerkschaften in die bevorstehenden Tarifrunden gehen werden:
Lohnzurückhaltung wird die Forderung an die Beschäftigten lauten,
Verzicht, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts nicht zu
gefährden. Dass die deutsche Wirtschaft kostenintensiver, aber eben
auch wesentlich produktiver arbeitet als Unternehmen in Ländern mit
geringeren Lohnkosten, werden die Arbeitgeber in diesem Zusammenhang
geflissentlich verschweigen, um ihre Argumentationslinie nicht zu
verwässern. In der gegenwärtigen wirtschafts- und finanzpolitischen
Gemengelage Europas ist nur sehr schwer auszumachen, wie sich die
einzelnen Nationalökonomien in den kommenden fünf Jahren entwickeln
werden. Sicher ist indes, dass Deutschland sich längst nicht mehr auf
seine Exportstärke verlassen kann – hinreichend stabile Absatzmärkte
nämlich gibt es zurzeit in Europa kaum. Mithin kommt der
Binnennachfrage eine immer wichtigere Rolle zu – und die gibt es
bekanntermaßen nur zum Preis von Tarifabschlüssen, die einem gesunden
Konsumklima förderlich sind. Das bestmögliche Austarieren aller
Stellschrauben kann Gewerkschaften und Arbeitgebern in diesem Klima
nur gelingen, wenn die Tarifpartner sich in der Tat als Partner
verstehen und dabei zwei gemeinsame Ziele vor Augen haben: die
Sicherung des Wirtschaftsstandortes bei gleichzeitiger Wahrung sozial
und ökonomisch angemessener Lohn- und Gehaltsniveaus.
Pressekontakt:
Oberhessische Presse
Anja Luckas
Telefon: (0)6421 / 409-310
nachrichten@op-marburg.de