Rheinische Post: Italiens Schicksal

Ein Kommentar von Matthias Beermann:

Es ist gewiss gewagt, die Politik eines ganzen Landes auf eine
einzelne Person zu reduzieren, aber bei Silvio Berlusconi ist eine
Ausnahme angebracht. Wenige Politiker haben Italien so geprägt und
gleichzeitig so polarisiert wie er. Sein Rücktritt, der mit jedem Tag
wahrscheinlicher wird, wäre eine echte Zäsur, vergleichbar mit dem
Ende der Regierungszeit von Helmut Kohl. Nicht vergleichbar ist
freilich die Bilanz der beiden. Auch wenn Berlusconi in Wahrheit
nicht die politische Witzfigur ist, die hierzulande gerne von ihm
gezeichnet wird, so muss man doch feststellen, dass Italien in seiner
Regierungszeit vor die Hunde gegangen ist. Berlusconi ist zwar nicht
für alles verantwortlich, was heute jenseits der Alpen im Argen
liegt; aber er hat auch beinahe nichts geleistet, was das Land nach
vorne gebracht hätte. Dass Berlusconi überhaupt noch am Ruder ist,
hat er der Unfähigkeit der italienischen Opposition zu verdanken.
Selbst jetzt, da das Ende seiner abgewirtschafteten Regierung nur
noch eine Frage von Tagen scheint, sind echte politische Alternativen
kaum in Sicht. Trotzdem: Berlusconi muss weg. Weil er zu der
kraftvollen Politik, die Italien jetzt braucht, nicht mehr in der
Lage ist. Und weil nur sein Abgang wieder ein Minimum an Vertrauen
schaffen kann.

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