Rheinische Post: Merkels Sedativum

Nur noch eine kurze Weile, dann wird gewählt.
Deshalb ist mehr denn je zu bedenken, was der alte Bismarck von sich
gab: Nirgends werde mehr gelogen als während des Krieges, nach der
Jagd und – vor der Wahl. Manchmal kommen die Wahlkämpfer der Wahrheit
auch nah, etwa wenn die Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel
Selbstverständliches sagt: dass sie eine große Koalition nicht
ausschließe. Merkel, die Fortüne hat – ihre Anhänger halten es für
das Glück der Tüchtigen – , hegt im Gegensatz zur SPD und Peer
Steinbrück beste Erinnerungen an die letzte große Koalition von 2005
bis 2009. Im Bündnis der Großen machte sie die SPD kleiner und legte
den Grundstein für ihren Regierungsstil der ruhigen Kraft, den sie
perfektioniert. Merkel weiß, dass es das Wahlvolk gerne politisch
behaglich, harmonisch hat. Wer also wie Merkel eine große Koalition
im Spiel der Kräfte hält, verteilt ein Sedativum und weckt gute
Gefühle. Darauf zielt Merkels Kampagne. Diese erinnert an jene
erfolgreiche der SPD von 1972: „Deutsche, wir können stolz sein auf
unser Land.“

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