Rheinische Post: Rom hat gesprochen, doch erledigt ist nichts = Von Reinhold Michels

Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet
werdet. Es ist nicht leicht, sein Tun und Lassen jederzeit an der
Bibel auszurichten. Nicht einmal der Papst kann davon absehen, ganz
weltlich Kraft zu entfalten, wenn es beispielsweise gilt, einen ins
Gerede gekommenen Bischof zu disziplinieren. Franziskus, der seinen
Priestern dringend rät, als Hirten ihrer Herde nah zu sein, ja, „den
Geruch der Schafe anzunehmen“, stellt fest: Limburgs Bischof
Tebartz-van Elst hat sich – mit welchem Ausmaß an persönlicher
Schuld, muss sich noch erweisen – von seiner Herde entfernt. Richtig
wäre, zu formulieren: Die Herde entfernte sich vom Hirten, denn sie
kann ihn nicht mehr riechen. Franziskus– erste große, die deutsche
Kirche betreffende Entscheidung wirkt vordergründig halbherzig. Im
Kern ist sie klug und christlich. Denn einem am Boden Liegenden wird
nicht per Dekret der Kopf vom Rumpf getrennt; zugleich wird
verärgerten Gläubigen in Limburg und anderswo ein gebotener
Neuanfang, wenn nicht sofort, so doch in absehbarer Zeit
signalisiert. Roma locuta, causa finita? Ist die Sache erledigt, weil
Rom gesprochen hat? Nein, solange geistliches Gepränge Einzelner die
bescheidene Lebensführung der vielen in der Kirche überstrahlt.

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