RNZ: Rhein-Neckar-Zeitung Heidelberg zu: diplomatische Krise/ Frankreich/ Türkei/ Armenier

Erdogan entlarvt

Konflikt mit Ansage. Seit Wochen zieht sich die diplomatische
Krise zwischen Paris und Ankara, weil Frankreich die Leugnung von
Völkermorden unter Strafe stellen will – und damit in einer Wunde der
türkischen Staatsräson bohrt: der Armenierfrage. Türkeis
Ministerpräsident Erdogan reagiert wie unter Schmerzen. Das Pariser
Gesetz als „Massaker an der Meinungsfreiheit“ zu bezeichnen, ist mehr
als übertrieben. Die Kritik aus Ankara würde ohnehin überzeugender
wirken, würde Erdogans AKP nicht selbst die Meinungsfreiheit am
Bosporus beschränken, spränge der Regierungschef nicht mit Kritikern
um, als begingen diese Majestätsbeleidigung, und würden nicht
Oppositionelle als „Feinde des Türkentums“ denunziert. Erdogans
Aufbrausen ist zudem unehrlich, weil er selbst in jüngster Zeit
Entspannung in der Armenierfrage gesucht hat: Die Praxis, die
Behauptung eines Völkermordes an den Armeniern hart zu bestrafen,
wurde zumindest eingeschränkt. Insofern entlarvt sich Erdogan auch,
wenn er Präsident Sarkozy vorhält, der ziele nur auf die
armenisch-stämmigen Wähler in Frankreich ab. Erdogans Verbalattacken
selbst sind politische Folklore für seine konservativen Wähler.

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