Schwäbische Zeitung: Der Klotz am Bein der CDU – Leitartikel

In der baden-württembergischen CDU herrschte
zuletzt Aufbruchstimmung. Grün-Rot im Land verlor an Halt in der
Bevölkerung. In der Bildungs- und in der Haushaltspolitik wollte die
Opposition die Regierung Kretschmann stellen und die Voraussetzungen
für die Rückkehr an die Macht schaffen.

Doch es gibt einen lästigen Klotz am Bein der CDU. Mit dem
Gutachten der Stuttgarter Staatsanwaltschaft zum Rückkauf der
EnBW-Aktien durch die frühere Landesregierung unter Stefan Mappus
gerät die Partei erneut unter Druck. Es geht jetzt um mehr als um den
nicht verfassungsgemäßen Ablauf des Geschäfts. Auch um mehr als um zu
viel gezahlte knapp 800Millionen Euro. Die CDU muss Grün-Rot jetzt
sogar zugestehen, dass die Klage der Landesregierung vor einem
internationalen Schiedsgericht wohl gerechtfertigt ist.

Politik für und nicht gegen die Interessen des Landes reklamieren
Grüne und SPD für sich in ihrer ersten Euphorie über die Kernaussagen
des neuen Schriftstücks. Dieses besitzt insofern besonderes Gewicht,
weil sein Verfasser Wolfgang Ballwieser auch interne
Unternehmensdaten bewerten konnte. Das hebt seine Expertise so stark
von den anderen ab.

Den Regierungsparteien beschert das Gutachten eine willkommene
Ablenkung von den koalitionsinternen Problemen, ihren Sparkurs
ausgewogen zu gestalten. Sie können aufs Neue den alten Politikstil
mit Stefan Mappus als letztem und besonders robust auftretenden
CDU-Ministerpräsidenten in den Mittelpunkt stellen.

Die aktuelle Führung der CDU vertritt zwar den Standpunkt, sie
habe die Vergangenheit aufgearbeitet. Aber auch sie hat bis zuletzt
tapfer den Kaufpreis für die EnBW-Aktien verteidigt. Dieser
Trugschluss könnte politisch noch teuer werden. Vorerst bleibt zwar
offen, ob die Staatsanwaltschaft Stefan Mappus auch anklagen kann –
sie muss ihm einen Vorsatz nachweisen. Im Untersuchungsausschuss aber
beginnt ein neues Kapitel. Es dürfte nicht das langweiligste werden.

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