Ja, doch sie lieben ihn noch. Nicht mehr
leidenschaftlich, aber freundschaftlich. US-Präsident Barack Obama
erfreut sich in Deutschland großer Sympathien, auch wenn aus dem
„yes, we can“ mitunter ein „yes, we scan“ geworden ist. Doch
Datenaffäre hin, Guantanamo her, im Grunde zehrt Obama von der tiefen
Abneigung der Deutschen gegen George W. Bush. Anything but Bush
(Alles außer Bush), hieß damals die Devise, nachdem dieser in den
Irak-Krieg gezogen war.
Doch wenn der einst umjubelte Hoffnungsträger Obama im Umfeld des
50. Jahrestags der Kennedy-Rede Berlin besucht, wird deutlich: Hier
kommt nicht der große Freund der Deutschen, sondern ein vertrauter
Staatsmann, der zwei Botschaften im Gepäck haben wird. Die Deutschen
sollen sich international mehr engagieren. Und das
europäisch-amerikanische Freihandelsabkommens muss schnell
geschlossen werden.
Beides ist für die deutsche Regierung nicht unproblematisch. Denn
gute transatlantische Beziehungen werden diesseits und jenseits des
Ozeans unterschiedlich definiert. Deutschland sieht sich gerne in
einer Wertegemeinschaft mit den USA, aber nicht in der Verantwortung
für den Frieden in der ganzen Welt. In Deutschland steckt noch die
Tradition des nicht souveränen Staates, der von den USA beschützt
wird. Die USA aber erwarten, dass Deutschland gemäß seiner Größe und
Kraft jetzt auch selbst vitaler wird. Was die
europäisch-amerikanische Freihandelszone angeht, so stehen die
Demonstranten in Berlin schon bereit, die mit einem riesigem
Chlor-Huhn oder einer Fracking-Spritze zeigen, was sie alles nicht
wollen.
Gerade in Zeiten, in denen sich die USA weit mehr dem
wirtschaftlich interessanteren asiatisch-pazifischen Raum zuwenden,
ist Obamas Besuch in Berlin aber ein gutes Zeichen. Es wird nicht
mehr ganz so herzlich, nicht mehr ganz so eng – aber die
Zusammenarbeit mit den USA wird weitergehen. Und zumindest in der
Frontstadt des Kalten Krieges spielt Dankbarkeit gegenüber dem
Verbündeten noch eine Rolle. Und das ist auch gut so.
Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de