Ein im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes
erstelltes Rechtsgutachten spricht sich für die explizite Aufnahme
von Kinderrechten im Grundgesetz aus. Die Gutachter kommen zu der
Einschätzung, dass die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in
Deutschland durch die aktuelle Rechtslage nicht abgesichert ist. So
besteht ein erhebliches Umsetzungsdefizit in Rechtsprechung und
Verwaltung, da die Kinderrechte durch eine völkerrechtsfreundliche
Auslegung des Grundgesetzes oder eine Kombination mit anderen
Verfassungsnormen erst kompliziert hergeleitet werden müssen.
„Wir müssen endlich mit der Aufnahme von Kinderrechten im
Grundgesetz die Position der Kinder im deutschen Rechtssystem stärken
und ein klares Signal für mehr Kinderfreundlichkeit in Deutschland
setzen. Breite Mehrheiten dafür gibt es derzeit in Bundestag und
Bundesrat. Diese müssen jetzt genutzt werden. Mehr als 25 Jahre nach
Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention durch die Vereinten
Nationen muss sich das Prinzip dieser Konvention auch im Grundgesetz
wiederfinden. Bislang fehlt dort der Gedanke, dass Kinder
gleichberechtigte Mitglieder unserer Gemeinschaft, eigenständige
Persönlichkeiten mit eigener Würde und dem Anspruch auf Anerkennung
ihrer Individualität sind. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, sie
brauchen über die allgemeinen Grundrechte hinaus besondere Rechte.
Deshalb sollten die Kinderrechte auf Förderung, Schutz und
Beteiligung sowie der Vorrang des Kindeswohls bei allem staatlichen
Handeln im Grundgesetz festgeschrieben werden. Dies würde sich bei
der Planung und Gestaltung in allen Politikfeldern positiv
auswirken“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen
Kinderhilfswerkes.
Das Gutachten analysiert Gerichtsentscheidungen in verschiedenen
Rechtsgebieten und kommt zu dem Schluss, dass eindeutige
Formulierungen im Grundgesetz zum besseren Verständnis und zu mehr
Rechtssicherheit beitragen würden, so dass eine angemessenere
Berücksichtigung von Kinderrechten durch Gerichte, die Verwaltung und
den Gesetzgeber zu erwarten sei. Es stellt fest, dass ausdrückliche
Kindergrundrechte ein deutlicher und rechtsstaatlich hinreichend
bestimmter Bestandteil der Werteordnung des Grundgesetzes wären und
damit die Anwendung sämtlichen Rechts prägen könnten. Dies würde sich
vor allem auf die Auslegung der Kinderrechte durch Gerichte positiv
auswirken. Es geht bei den Kinderrechten somit nicht nur um die
symbolische Funktion einer Verfassungsänderung, sondern um eine mit
tatsächlichen rechtlichen Auswirkungen. Die explizite Normierung von
Kinderrechten im Grundgesetz würde also die Realisierung ihrer Rechte
quer durch die Rechtsgebiete stärken. Das Gutachten bezieht sich auch
auf die Feststellungen des Ausschusses der Vereinten Nationen für die
Rechte des Kindes, dass die Gewährung von Rechten, die für alle
Menschen gelten, nicht genügt, um die Beachtung von Kinderrechten
sicherzustellen.
Kinderrechte im Grundgesetz sollten laut Gutachten den Vorrang des
Kindeswohls, Beteiligungsrechte für Kinder und Jugendliche sowie
Entwicklungs- bzw. Entfaltungsrechte der kindlichen Persönlichkeit
beinhalten. „Kinderrechte können in das Grundgesetz aufgenommen
werden, ohne das grundsätzliche Verhältnis von Kindern, Eltern und
Staat anzutasten. Eine Stärkung der Rechte von Kindern führt nicht
automatisch zu einer Schwächung der Rechte von Eltern. Im Gegenteil
erhalten Eltern dadurch bessere Möglichkeiten, die Rechte ihrer
Kinder gegenüber staatlichen Einrichtungen durchzusetzen“, so Thomas
Krüger.
Das „Gutachten bezüglich der Aufnahme eines ausdrücklichen
Kindergrundrechts in das Grundgesetz vor dem Hintergrund der Maßgaben
der Kernprinzipien der UN-Kinderrechtskonvention“ wurde im Auftrag
des Deutschen Kinderhilfswerkes von Prof. Dr. Dr. Rainer Hofmann und
Dr. Philipp B. Donath von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main
erstellt. Es kann unter www.dkhw.de/kinderrechte-ins-grundgesetz
heruntergeladen werden. Die Koordinierungsstelle Kinderrechte beim
Deutschen Kinderhilfswerk begleitet die Umsetzung der aktuellen
Strategie des Europarates für die Rechte des Kindes (Sofia-Strategie
2016-2021) und wird gefördert durch das Bundesministerium für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
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