Stuttgarter Zeitung: Kommentar zum Fall Gysi

Die Vorwürfe sind größtenteils nicht neu, denen
sich der Linke-Fraktionschef Gregor Gysi ausgesetzt sieht. Im Kern
dreht sich dieser nun schon Jahrzehnte andauernde Streit um die
Frage, wie eng er als Rechtsanwalt in der DDR mit der Stasi
zusammengearbeitet hat und ob er ihr gar als gewissenloser Informant
gedient hat. Sollten in dieser neuen Runde der Bewertung alter
Vorwürfe keine weiteren Beweise auftauchen, bleibt es deshalb eine
Frage der Deutung, ob Gysi zu weit ging.

Dennoch muss Gysi die jüngste Wendung sehr ernst nehmen. Denn es
geht jetzt nicht mehr nur um politische oder historische Wertungen,
sondern auch um einen handfesten juristischen Vorgang. Die
Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt wegen des Vorwurfs, er habe in
einer presserechtlichen Auseinandersetzung mit dem NDR im Stasistreit
eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben. Gysi wurde von
einem ehemaligen Richter angezeigt, die Behörde muss dem nachgehen.
Sollte Gysi angeklagt werden, wäre er zwar noch nicht schuldig, aber
im Wahlkampf für die Linke Ballast statt Hoffnungsträger.

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