Stuttgarter Zeitung: Nach der Krise ist vor der Krise / Kommentar zu USA/Haushaltsstreit/Republikaner

Es ist ein fauler Kompromiss, der Probleme nicht
löst, sondern eine Lösung nur auf einen späteren Zeitpunkt
verschiebt. Spätestens nach Weihnachten dürfte der Streit wieder
eskalieren. Denn dann wird es darum gehen, den nächsten „Shutdown“
der Regierung zu vermeiden. Und wieder einen Monat später steht die
nächste Debatte über die Staatspleite an.

Nach der Krise ist in Washington immer vor der Krise. Das ist so,
seit die Amerikaner Obama 2008 zum Präsidenten gewählt haben. Sein
ehrgeiziges Vorhaben, die Spaltung der Gesellschaft zu überwinden,
hat in gewisser Weise die Spaltung noch vertieft. Kurz nach Obamas
Amtsantritt entstand die Tea Party. Die radikale Bürgerbewegung ist
zum größten innenpolitischen Problem seit Jahrzehnten geworden. Sie
und ihre Abgeordneten haben ein ganzes Land über Wochen in
Schockstarre halten können. Mit ihren beispiellosen
Erpressungsversuchen ist es den Tea-Party-Ideologen gelungen, dass
die meisten US-Bürger die Republikaner inzwischen als einen wilden
Haufen wahrnehmen, der zu vernunftgesteuerter Politik nicht mehr
fähig scheint.

Ein Mehrparteiensystem nach europäischem Vorbild wäre eine
Möglichkeit, die Dauerkonfrontation zwischen Demokraten und
Republikanern dauerhaft zu beenden. Doch darauf zu hoffen, dass so
etwas eingeführt wird, ist aussichtslos. So aussichtslos wie die
Hoffnung, dass der jetzt beigelegte Etatstreit den Parteien eine
Lehre gewesen sein könnte. Der Tea Party war es definitiv keine
Lehre. Sie hat schon erklärt, ihren Kampf weiterzuführen. Koste es,
was es wolle.

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