Präventionsminister
Nun hat Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich die Katze aus dem
Sack gelassen: Sicherheit ist der oberste Wert des Staates, dem sich
alle anderen Grundrechte unterzuordnen haben. Das ist populistisch,
juristisch fragwürdig und obendrein ein übler Trick, der einem
Politiker, zu dessen zahlreichen Amtsbezeichnungen die des
Verfassungsministers gehört, mehr als schlecht ansteht. Zum einen,
weil Friedrich damit den Spionageskandal des US-Geheimdienstes NSA
kleiner redet, als er ist. Zum anderen, und das ist vielleicht noch
schlimmer, weil Friedrich nicht nur den Wortlaut des Grundgesetzes
verbiegt, sondern auch den Sinn jener deutschen Verfassung, die
bewusst als freiheitlicher Entwurf konzipiert wurde und die
Menschenwürde als höchsten Wert definiert – vor dem Recht auf Leben.
Friedrich kann sich indes in guter Gesellschaft fühlen. Schon in den
80er-Jahren hatte der Bonner Staatsrechtler Josef Isensee ein
Grundrecht auf Sicherheit postuliert – lange vor den Anschlägen des
11. September 2001. Diese lieferten nur das Trittbrett, auf dem
seither jene Politiker und Staatsrechtler fahren, denen eine
autoritäre Innenpolitik am Herzen liegt und die über
Absonderlichkeiten wie die Internierung von Gefährdern oder
Rettungsfolter sinnieren. Dass Friedrich auf diesen Zug aufgesprungen
ist, ist mehr als eine Provokation im Wahlkampf. Er offenbart, wohin
die Reise gehen soll: Geradeaus in den Präventionsstaat.
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