Südwest Presse: KOMMENTAR · VERFASSUNGSSCHUTZ

Im Zwielicht

Die Affäre um die Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund
(NSU) wird mehr und mehr zum Desaster für den Verfassungsschutz, der
sich selbst als Instrument einer wehrhaften Demokratie versteht. Als
eine Behörde, die ihren Beitrag leistet, den freiheitlichen
Rechtsstaat des Grundgesetzes gegen seine Feinde zu verteidigen. Doch
mit jeder weiteren Enthüllung in Sachen NSU geraten die Schlapphüte
weiter ins Zwielicht. Denn egal, wie man es dreht und wendet: Sie
haben versagt. Nur zwei Varianten stehen im Raum, angesichts derer
man sich fragt, welche schlimmer ist. Entweder konnte eine
rechtsextreme Bande mehr als ein Jahrzehnt lang ungestört morden und
bomben, ohne dass den Verfassungsschützern etwas aufgefallen ist. In
diesem Fall müssen sie sich fragen lassen, warum sie ihren Job nicht
ordentlich erledigt und den Staat und seine Bürger im Stich gelassen
haben. Oder, was vielleicht noch erschreckender ist, sie waren so
nahe am Geschehen, dass sie sich fortan gegen den Verdacht der
Kumpanei mit jenen, denen sie eigentlich das Handwerk legen sollen,
erwehren müssen. Schon einmal, im gescheiterten NPD-Verbotsverfahren,
spielte der Verfassungsschutz eine unrühmliche Rolle, die am Ende den
Rechtsextremen half. Eine tiefgreifende Reform tut dringend Not. Denn
auf einen Geheimdienst, der wahlweise blind oder gewissenlos ist,
kann ein demokratischer Staat getrost verzichten.

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Lothar Tolks
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