Südwest Presse: Kommentar zu Parteien

Die Parteien in Deutschland sind unbeliebt. Das zeigt
der Blick auf deren langfristige Mitgliederentwicklung besonders
deutlich: Die SPD hat seit 1990 die Hälfte ihrer Mitglieder verloren,
die FDP prozentual noch mehr und die Linke fast drei Viertel. CDU und
CSU haben ebenfalls herbe Verluste erlitten. Bei solchen Fakten liegt
die Frage nahe, ob Parteien überhaupt in Deutschland zukünftig noch
gebraucht werden. Tatsächlich aber sind Parteien für unsere
Demokratie unverzichtbar. Und damit ist nicht gemeint, dass für immer
die sechs Parteien im Bundestag sein sollen, die jetzt dort agieren.
Es ist vielmehr damit die Existenz bundesweiter Organisationen
gemeint, die über Jahrzehnte konstant politische Arbeit von der
Bundesebene bis in die kleinste Gemeinde leisten, wie es Parteien
tun. Sie bieten dadurch feste Ansprechpartner für Kritik und
Anregungen und eine Ausbildung, die für unsere Demokratie so wichtig
ist: die Ausbildung von Kompromiss-Suchern. Gerade diese Politiker
sind zwar oft Objekte der öffentlichen Kritik und jene beliebter, die
mit deftigen Worten Forderungen stellen, aber ohne Kompromisse gibt
es in einer Demokratie eben oft nur Stillstand oder Aufruhr. Parteien
bilden das notwendige organisatorische Gegengewicht zu den ebenso
wichtigen, spontan gegründeten Bürgerinitiativen und den
direktdemokratischen Verfahren, die in Deutschland in Zukunft an
Bedeutung gewinnen werden – vor allem um vernachlässigte Themen auf
die politische Agenda zu hieven und den etablierten Parteien Druck zu
machen.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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