Thüringische Landeszeitung: Reuige Steuersünder? / Kommentar von Hartmut Kaczmarek zum Thema Steuerbetrug vor dem Hintergrund der Causa Hoeness

Demnächst sitzen wir wieder vor unseren
Steuererklärungen, sammeln fleißíg Belege – und ärgern uns dann, wenn
einige davon nicht anerkannt werden. Als Arbeiter oder Angestellter
ist man sowieso der totalen Transparenz bei den Finanzbehörden
ausgesetzt. Aber wehe, man vergisst mal die Steuererklärung pünktlich
abzugeben. Dann kommt garantiert einige Wochen später schon ein Brief
mit harschen Sanktionsdrohungen.

Der normale Steuerzahler kann über Hoeneß und Co. nur den Kopf
schütteln. Und noch mehr, wenn man sieht, dass Steuersünder sich bis
zu einem gewissen Grad sogar Straffreiheit selbst erkaufen können,
indem sie sich reuig zeigen und sich dem Finanzamt gegenüber
offenbaren.

Aber wer macht das schon freiwillig? Uli Hoeneß hat seine
Selbstanzeige auch erst verfasst, als er einen Tipp bekam, dass ihm
Reporter auf den Fersen waren. Andere schicken ihre Selbstanzeige
erst los, wenn mal wieder eine Steuer-CD angekauft wurde, auf der sie
ihren Namen vermuten könnten.

Das Instrument der Selbstanzeige wird gerne als eine Brücke in die
Legalität angepriesen. Aber der brave Steuerzahler ist doch der
Dumme. Steuergerechtigkeit sieht anders aus. Saftige Nachzahlungen
sind fällig, wenn man die Steuererklärung mal verschlampt hat. Vor
dem Gesetz sind alle gleich – aber große Steuersünder scheinen ein
wenig gleicher zu sein. Auch die beabsichtigten Verschärfungen bei
der Selbstanzeige können die Ungerechtigkeiten nur mildern – nicht
aber abschaffen.

Dass jetzt so viele ihre Steuerehrlichkeit entdecken, hat wohl
eher mit der Furcht vor Entdeckung als mit Reumütigkeit zu tun.

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