Selbst wenn die wissenschaftlichen Scharfrichter in
Bayreuth dem Baron nachweisen sollten, dass er die Schummelschwelle
zu niedrig angesetzt hat und durch Textklau zum Doktortitel gekommen
ist – Karl-Theodor zu Guttenberg muss man nach dem Fußnoten-Skandal
wohl nicht abschreiben. Politik ist kein Geschäft für
Zitierethik-Kommissionen. Guttenberg ist Politiker. Da gehört das
kreative Hantieren mit Textbausteinen (auch) aus anderer Leute
Hirnwindungen fast schon zur Berufsbefähigung. Auf diesem Feld hat es
der Meister der Bedeutungsschwere vorgaukelnden Wortgirlande weit
gebracht. Was manche als Pseudo-Klugschwätzerei empfinden, erscheint
vielen als selten ehrlicher Klartext. Adel verpflichtet – eben zu
nichts. Darum diese Beliebtheitswerte. Dass der Mann punktuell
schlampiges Handwerk bei sich selbst nicht ausschließt und den wahren
Autoren die Schöpferwürde nachträglich zugestehen möchte, hat den
Charakter eines „Teil-Geständnisses“. Teile des Publikums werden sich
an das Lied der „Prinzen“ erinnern – „Alles nur geklaut“ – und
„Schwamm drüber“ rufen. Es gibt Schlimmeres als einen Minister, der
sich selbst entzaubert.
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