WAZ: Einüberfälliger KZ-Besuch – Kommentar von Gudrun Büscher

Ist Angela Merkels Besuch der KZ-Gedenkstätte Dachau
vor einem Wahlkampfauftritt für die CSU im Bierzelt geschmacklos? Ist
das Gedenken purer Wahlkampf? Gemach!

Noch nie zuvor hat ein Bundeskanzler diesen Ort des Grauens
betreten, an dem die Nazis schon 1933 ein Konzentrationslager
errichtet hatten, wo mehr als 40.000 Menschen ermordet wurden.
Wahlkampf hin oder her: Der Besuch war überfällig. 93 Jahre alt ist
Max Mannheimer, einer der letzten Überlebenden des Lagers, der Merkel
begrüßte. Viel Zeit bleibt nicht mehr für solche Begegnungen.

Von besonderer Sensibilität bei der Planung zeugt die
Terminabfolge in Bayern natürlich nicht. Aber der Kanzlerin zu
unterstellen, sie nähme den Besuch in der Gedenkstätte nicht ernst
oder er diene gar ihrem Wahlkampf, ist befremdlich. Es ist die pure
Verzweiflung ihrer Gegner, die aus dieser Debatte spricht. Die
Kanzlerin sonnt sich in atemberaubenden Beliebtheitswerten und
fabuliert über Streuselkuchen, während sich SPD, Grüne, Linke und die
FDP auf den Marktplätzen abrackern und nach dem richtigen
Wahlkampfthema suchen. Der Besuch in Dachau ist es nicht.

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