Der neue Gedenktag für die Opfer der Vertreibungen,
der 5. August, hat einen Geburtsfehler. Er wird mit der „Charta“ der
Vertriebenen verknüpft, die am 5. August 1950 unterzeichnet wurde.
Das ist ein schwieriges Erbe.
Denn die „Charta“ verströmt einen Geist, der dem berechtigten
Anliegen schadet. Mitunterzeichner der Erklärung waren
Nationalsozialisten. Die Urkunde erwähnt den Mord an den Juden nicht,
nicht den an Sinti und Roma oder Polen. Und er nennt den „Generalplan
Ost“ nicht, der nach dem „Endsieg“ die Vertreibung von 30 bis 50
Millionen Menschen vorsah. Ursache und Wirkung von Krieg und
Vertreibung werden ausgeklammert. Die „Charta“ zeugt, trotz des
Verzichts auf Rache und Vergeltung, von dem widersprüchlichen Umgang
der 50er-Jahre mit der NS-Zeit.
Dabei ist das Anliegen, mehr als 60 Jahre nach dem Ende des
Krieges auch der Opfer der Vertreibungen angemessen zu gedenken,
unumstritten. Viel zu lange ist ihr Leid, ihr schreckliches
Schicksal, verschämt verdrängt worden. Gerade deshalb wäre es aber
besser, das Kabinett würde am Ende noch ein anderes, ein unbelastetes
Datum finden.
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