WAZ: Zeit der Technokraten – Kommentar von Gudrun Büscher

Berlusconi ist weg. Kein Trick, kein doppelter
Boden. Er hat die Entlassungsurkunde bekommen. Tausende Italiener
feiern die „Befreiung“ auf den Straßen Roms und erinnern fast ein
bisschen an die Freuden-Bilder der Despotenvertreibung im arabischen
Frühling. Doch es ist Herbst in Europa. Und Berlusconi, das darf man
nicht vergessen, ein demokratisch an die Macht gewählter
Regierungschef. So wie es Papandreou war, der in Griechenland seinen
Posten räumte, um einem Finanz-Fachmann Platz zu machen. Gewählt hat
den Experten niemand. Er wurde auserwählt. So wie Mario Monti in
Italien. Als eine Art „Super-Mario“ soll er nicht nur Italiens
Schuldenkrise lösen, sondern auch gleich den Euro retten. Die Zeit
drängt, weil die Märkte drängen. Dabei ist nicht ein einziges Problem
gelöst mit den Rücktritten der Regierungschefs. Und es ist ungewiss,
wie die „befreite“ italienische Nation reagiert auf die harten
Sparvorgaben. Die werden nun nicht mehr von Berlusconi auf die lange
Bank geschoben. Sie kommen mit allen spürbaren Konsequenzen. Im
arabischen Frühling hat das Volk gesprochen, im europäischen Herbst
schlägt die Stunde der Technokraten. In beiden Fällen ist das Ende
noch offen.

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