863.000 Menschen betroffen!
Die Pflegekassen sind leer, die Regierung muss sparen. Nun prüft das Gesundheitsministerium die Streichung des niedrigsten Pflegegrades 1.
So lautet der Tenor eines Artikels auf einer großen Nachrichten-Plattform.
Aber was steckt wirklich dahinter? Für Menschen, die mit Pflegebedürftigkeit und Pflegegraden bislang noch nicht in Berührung gekommen sind, hat diese Debatte unter Umständen keinen negativen Touch. Für Generationen und Angehörige, die davon betroffen sind, kann es eine echte Krise auslösen.
Was mit dieser Idee diskutiert wird, ist kein Fachgespräch über Sparvorschläge aus dem Reich der Zahlenkolonnen. Es ist unter Umständen eine Entscheidung darüber, wer hier in Deutschland noch barrierefrei leben darf, wer noch unabhängig bleiben darf – wer überhaupt noch dazugehört. Und es ist eine Frage für unser Miteinander, die jeden in unserer Gesellschaft sensibilisieren sollte: Wie viel Würde sind wir bereit, zu investieren – oder von uns Menschen abzuziehen?
Noch ist es ein Vorschlag, ein Vortrag vielleicht auf das, was trotzdem kommen könnte, ein Gedankenspiel in Protokollen und Kalkulationen der Regierung. Doch die Richtung ist eindeutig, der Ton unumstößlich: Wir müssen sparen – fangen wir bei denen an, die sich kaum wehren können.
Rund 860.000 Menschen würden betroffen sein, Pflege und Betreuung fallen weg, wenn der niedrigste Pflegegrad verschwindet. Sie haben heute Anspruch auf Entlastungsleistungen und Zuschüsse für barrierefreies Wohnen, auf einen Notrufknopf, auf Unterstützung durch Pflegekassen. Für ihre Angehörigen eine große Hilfe in der Betreuung. 131 Euro im Monat, so der aktuelle Betrag – eine kleine, aber lebenswichtige Hilfe. Ein Kuchenstück der Selbstständigkeit, das nicht größer, aber entscheidend ist. 1,8 Milliarden Euro jährlich könnte die Streichung der Pflegestufe 1 angeblich einsparen. Eine Zahl, die sich in Tabellen schön anfühlen mag, eine Wahrheit, die sich in Lebensgeschichten verdichtet und Krisen hervorruft: Eine Geschichte vom Alltag, der plötzlich zu schwer wird, von Putzdiensten, die nicht mehr bezahlt werden, von Umbauten, die gerade in dem Moment unerlässlich sind, in dem Barrierefreiheit den Unterschied zwischen Würde und Abhängigkeit bedeuten könnte.
Eine, die sich tagtäglich mit diesen Themen befasst ist Vortrags-Rednerin und Pflegeberaterin Angelika Niedermaier. Sie weiß, was ein solche Entscheidung für unsere hilfebedürftige Generation und ihre Angehörigen bedeutet. Ihre Klienten sind meist Angehörige von pflegebedürftigen Menschen, selbst oft schon 60 plus. Aber auch junge Menschen und Kinder, die Pflege und Betreuung benötigen, gehören zu ihrem Kundenkreis. Und viele davon wären von dieser Entscheidung der Regierung direkt betroffen. Die mitreißende Vortragsrednerin zu den Themen Generationen, Angehörige, 60 plus zeigt daher in ihrem Vortrag Brücken für ein generationsübergreifendes Miteinander genau auf, was eine Streichung des Pflegegrades 1 an Folgen für die Pflege und Betreuung bedeuten würde. Für viele Familien würde dies eine zusätzliche Krise bedeuten.
Die Formulierung aus Politikerkreisen ist wohlklingend: „Konsolidierung der Finanzlage“ – dabei geht es nicht um Zahlen, sondern um uns alle – so Rednerin Angelika Niedermaier, denn hinter jeder Zahl steht ein Mensch mit einer Geschichte: eine Mutter, die ihren Rollstuhl nicht mehr sicher durch die Wohnung manövrieren kann; ein junger Mensch, der auf einen Notrufknopf angewiesen ist, um im Notfall Hilfe zu holen; eine Familie, die Entlastung von der Pflege von Angehörigen braucht, um einer Überlastung zu entkommen. Wer will ihnen sagen, dass das, was heute noch möglich ist, morgen nicht mehr selbstverständlich sein wird?
Die Debatte mag sachliches „Sparen“ imitieren, doch in ihr schwingt ein uraltes Muster mit: Wir sparen lieber dort, wo kein Lärm entsteht, dort, wo kein Sturm gegen das Gewissen der Regierung tobt. Heute trifft es die, die am wenigsten Widerstand leisten können, aber morgen trifft es vielleicht schon uns: durch unsere Angehörigen, vielleicht uns selbst, vielleicht unser Kind, das Hilfe braucht.
Die Debatte verspricht 1,8 Milliarden Euro Einsparung im Jahr. Eine vermeintliche Konsolidierung, die keine Stabilität entstehen lässt, indem man am Rand der Gesellschaft kratzt. Aber unsere Pflegebedürftigen, so Rednerin Angelika Niedermaier, stehen nicht am Rand, sie stehen mitten in unserer Gesellschaft: als Eltern, als Kinder, als Angehörige, als Nachbarn, als Kolleginnen und Kollegen. Und mit dieser Position geht sie auch auf jede Bühne und verteidigt diese Generationen, ihre Angehörigen, Menschen, die mit 60 plus Ruhe und Rente verdient haben, sich aber nun mit diesen politischen Krisen auseinandersetzen und die Zukunft fürchten muss.
Was wir brauchen, ist kein bloßes Sparpaket, sondern eine ehrliche, humane Reform. Klare Priorität für Barrierefreiheit, Entlastung und Teilhabe aller Generationen, die Hilfe benötigen. Transparente Berechnungen, wie sich Pflege und Betreuung miteinander vereinbaren lassen und Lücken sozial gerecht geschlossen werden können. Eine offene Debatte muss geführt werden, so der Tenor von Vortragsrednerin Angelika Niedermaier, was Würde kostet – und warum sie nicht verhandelbar ist.
Es geht um eine Gesellschaftsfrage: Welche Werte halten uns zusammen? Würde oder Kürzungen? Wir alle können betroffen sein – heute, morgen, vielleicht sowieso schon durch unsere Liebsten. Die Antwort muss lauten: Wir investieren in Menschen – in Alte, in Behinderte, in Generationen, die unser Miteinander nötig haben.
Jetzt handeln, mit Substanz statt mit Worten. Denn Würde ist nicht verhandelbar!