Dank der absoluten Mehrheit der Sitze im
Landtag wähnt Horst Seehofer sich endlich an seinem Lebensziel, an
die Tradition von Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber
anzuschließen. Doch bei allem Stolz darf er nicht verdrängen:
Gegenüber 2008 hat die CSU zwar klar zugelegt. Dennoch hat sie das
zweitschlechteste Ergebnis ihrer Geschichte eingefahren.
Doch für die CSU zählt vor allem, dass sie keinen
Koalitionspartner braucht. Sie hätte auch keinen, weil die FDP so
krass abgestürzt ist. Die Liberalen müssen sich ernsthaft Gedanken
machen, auch wenn das gestrige Dilemma drei spezielle Gründe hat:
Spitzenmann Martin Zeil ist als stellvertretender Ministerpräsident
weder bekannt noch beliebt. Anders als zuletzt in Niedersachsen oder
kommende Woche im Bund sahen die Unions-Wähler keinen Grund,
Leihstimmen zu vergeben, weil ihr Ziel absolute Mehrheit realistisch
war. Hinzu kommt die Besonderheit des bayrischen Wahlrechts, das
keine klassische Zweitstimmenlösung ermöglicht, weil beide Stimmen
über die Sitzverteilung entscheiden.
Ratlos dürfte die SPD mit der Einschätzung ihres Ergebnisses sein.
Es ist schwach, aber immerhin nicht so desaströs wie vor fünf Jahren.
Da die Verbesserung vor allem der Persönlichkeit des auch außerhalb
Münchens populären Spitzenkandidaten Christian Ude zuzurechnen ist,
ist es mutig, aber auch verständlich, wenn sie daraus einen
Bundestrend ableitet. Enttäuschung herrscht bei den Grünen. Sie und
die SPD müssen – auch wenn sie sich weiter zuversichtlich geben –
ihre Hoffnung auf rot-grüne Koalition zurückschrauben. Regieren
könnten sie höchstens mit einem dritten Partner.
Nach der Wahl in Bayern ist vor allem wegen des Fiaskos der FDP
die Spannung gestiegen. Doch wegen der völlig anderen Situation
stehen dennoch die Chancen gut, dass die Liberalen es dank der
CDU-Leihstimmen in einer Woche wieder in den Bundestag schaffen. Die
wahre Siegerin der Bayern-Wahl ist also womöglich Angela Merkel,
falls sie die schwarz-gelbe Koalition im Bund fortsetzen kann. Vor
allem wird sie von Horst Seehofer weniger Querschläger als bisher
befürchten müssen. Dank seiner absoluten Mehrheit braucht der Bayer
künftig nicht mehr so laut zu poltern.
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