Westdeutsche Zeitung: Das Urteil des Landesverfassungsgerichts und seine Folgen – Der Druck auf Hannelore Kraft steigt
Ein Kommentar von Frank Uferkamp

Das Urteil von Münster ist ein großer Sieg für
die Opposition im Landtag. CDU und FDP haben die rot-grüne
Landesregierung an ihrem Schwachpunkt hart getroffen. Mit einem
höchstrichterlichen Stempel versehen, dürfen sie mit Fug und Recht
behaupten, dass die Schuldenpolitik gegen die Verfassung verstößt.
Das ist für die kommenden politischen Auseinandersetzungen sehr
wichtig. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik stoppt ein
Gericht einen Nachtragsetat und erklärt ihn für nichtig. Zwar sind
immer wieder Finanzminister mit ihren Etats in Münster gescheitert –
so zuletzt 2006 der CDU-Mann Helmut Linssen -, doch hatten da die
Richtersprüche keine Auswirkungen, weil das Geld schon ausgegeben
war. Mit ihrer raschen Klage und vor allem mit ihrem Antrag auf eine
einstweilige Anordnung hatte die Opposition nicht nur Erfolg, sie hat
gleichzeitig auch Rechtsgeschichte geschrieben.

Mit großer Aufmerksamkeit werden auch die Finanzpolitiker im Bund
und den anderen Bundesländern den Spruch aus Münster studieren. Denn
der bekannt selbstbewusste Gerichtspräsident Michael Bertrams ist in
seiner vorläufigen Urteilsbegründung sehr weit gegangen und hat hohe
Hürden aufgestellt. Wer mehr Schulden macht als er investiert, kann
dies nur mit einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts
begründen. Wer das aber nicht mit harten Fakten untermauert und zudem
noch Gutachten, die eine gute Konjunktur voraussagen, ignoriert,
verstößt gegen die Verfassung. Handwerklich und ganz konkret haben
hier die Landesregierung und vor allem Landesfinanzminister Norbert
Walter-Borjans versagt. Aber auch Bundesfinanzminister Wolfgang
Schäuble dürften die Ohren klingeln.

Wie geht es nun weiter in NRW? Rot-Grün wird den bisherigen
Etatentwurf für das laufende Jahr überarbeiten. Vor allem wird sie
viel sorgfältiger als bisher begründen müssen, warum das Land wieder
Milliarden neue Schulden machen muss. Die ersten Stichworte – hohe
Ölpreise, die Katastrophe von Japan – fielen gestern bereits. Doch
der Druck auf Ministerpräsidentin Hannelore Kraft ist nun riesig,
ihre Politik der vorbeugenden Finanzpolitik verfassungsfest zu
machen.

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