Westdeutsche Zeitung: Der Länderfinanzausgleich ist ein emotionales Thema = von Hagen Strauß

Sonderlich ausgefuchst ist das Vorgehen von
Horst Seehofer und Volker Bouffier nicht. Jeder weiß, dass die beiden
Ministerpräsidenten mit der Klage gegen den Länderfinanzausgleich vor
allem Landtags-Wahlkampf machen wollen. Das wird ihnen auch gelingen.
Denn nichts bringt die Wähler mehr auf die Palme, als politisch
geschürte Ungerechtigkeit. Erinnert sei nur an den Streit um die
Griechenlandhilfen oder an die Debatte, ob nicht der Aufbau West den
Aufbau Ost ablösen muss. Fakten spielen bei diesen emotionsgeladenen
Themen eine Nebenrolle. Nun wäre es zu kurz gesprungen, das Vorgehen
der beiden Regierungschefs allein als Wahlkampfmanöver abzutun. Wenn
es nur noch drei Einzahler gibt, dann läuft tatsächlich etwas schief
beim Länderfinanzausgleich. Dann liegt erheblicher Reformbedarf auf
der Hand. Es muss mehr Anreize für Nehmer geben, zu sparen und die
eigene Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Und zugleich fordern die Geber
zu Recht, dass ihnen mehr vom eigenen Geld verbleibt. Fakt ist
jedoch: Die Nehmerländer sperren sich nicht gegen Veränderungen. Aber
auf die Details kommt es an. Deswegen wurden auch vorherige
Karlsruher Entscheidungen noch nicht umgesetzt. Es gibt nun mal
Länder, die nach wie vor massiv unter den Folgen des Strukturwandels
leiden. Dazu gehören NRW oder das Saarland, wo das Ende von
Montanindustrie und Bergbau bis heute nachwirkt. Zum Teil herrscht in
solchen Ländern Haushaltsnotlage. Im Osten und in Berlin sind die
Probleme der Teilung und der Deutschen Einheit längst noch nicht
behoben. Im Gegenteil. Jeder, der daher populistisch behauptet, die
Nehmerländer würden sich nur in einer Hängematte ausruhen, während
allein die südlichen Länder hart arbeiteten, sollte dies bedenken.
Den Erfolg der Südländer quasi gerichtlich zu verfestigen, löst die
Probleme nicht. Mag sein, dass die Klage den Reformdruck erhöht.
Allerdings wird das Verfassungsgericht frühestens in zwei Jahren
urteilen. Außerdem muss man wissen: 2019 steht der gesamte
Finanzausgleich sowieso zur Neuverhandlung an. Spätestens in drei bis
vier Jahren werden die Gespräche darüber beginnen. So lange hätten
sich Bayern und Hessen gedulden können. Aber gewählt wird in diesem
Jahr.

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