Westdeutsche Zeitung: Senioren-Tüv = von Horst Kuhnes

Senioren am Steuer. Ein Reizthema für Jung und
Alt. Führerschein spätestens ab 80 weg, fordern die einen, gesetzlich
vorgeschriebene Nachprüfungen die anderen, während wieder andere auf
freiwillige Selbstkontrolle der Betroffenen setzen – gegebenenfalls
mit entsprechenden Hinweisen der Hausärzte.

Unstrittig ist, dass die körperliche und geistige
Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter abnimmt. Augen und Ohren
werden schlechter, die Reaktionszeit wird länger. Auch die
Beweglichkeit lässt nach, so dass etwa der wichtige Schulterblick zum
Erfassen des toten Winkels erst zur gymnastischen Tortur wird und
irgendwann ganz unterbleibt – mit allen potenziell schlimmen Folgen.
Hinzu kommt: Dies alles kann durch die Wirkung von Medikamenten
weiter verschärft werden. Denn laut einem Bericht der Bundesregierung
schluckt jeder Fünfte der über 70-Jährigen täglich 13 und mehr
Wirkstoffe – ein Cocktail, der im Stress des Straßenverkehrs eine
gefährliche Wirkung entfalten kann.

Auf der anderen Seite ist gerade im Alter das Auto für viele
Menschen notwendige Voraussetzung für Mobilität – ganz besonders im
ländlichen Raum. Die Organisation des Alltags mit Einkauf und
Arztbesuchen hängt vom Auto ab, wie fast die gesamte Teilhabe am
gesellschaftlichen Leben. Der Verzicht auf den Führerschein erscheint
unter diesen Umständen vielen Senioren als nicht auszugleichender
Verlust. Vor allem dann, wenn sie sich noch durchaus fit zum Fahren
fühlen – und es auch tatsächlich sind.

Denn Fahrtüchtigkeit ist keinesfalls ausschließlich eine Frage des
Alters. Auch junge Menschen können an Sehschwäche,
Konzentrationsmangel oder körperlichen Gebrechen leiden, die ihre
Fähigkeit zum unfallfreien Lenken eines Autos zumindest in Frage
stellen.

Vorgeschriebene Tests ausschließlich für Senioren wären damit
eindeutig diskriminierend – und somit abzulehnen. Anders sieht es
aus, wenn ein regelmäßiger Fahrtüchtigkeitstest für alle Autofahrer
vorgeschrieben wird – beginnend ab der Erteilung der Fahrerlaubnis.
Bei Lkw-Fahrern sind solche Tests bereits seit langem alle fünf Jahre
Pflicht. Und auch das Auto selbst muss schließlich regelmäßig zum Tüv
– um vermeidbaren Unfällen vorzubeugen.

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