Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Syrien

US-Präsident Barack Obama hat einen Drahtseilakt
vollzogen. Er pendelt zwischen Militärschlag und Diplomatie. In
seiner zweigeteilten Rede an die Nation gab er sich erst als
entschlossener Oberbefehlshaber über die größte Streitmacht der Welt.
Dann zeigte er Verhandlungsbereitschaft – ohne dass er dem
UN-Sicherheitsrat das letzte Wort überließe. Die Unklarheit, nicht zu
verwechseln mit Unentschlossenheit, war gewollt, weil ohne Druck
nichts läuft. Obwohl sich in den letzten Stunden vor Obamas Rede die
Ereignisse förmlich überschlugen, gab es prompt Anlass zu Zweifeln am
russischen Angebot. Die eilig anberaumte Sondersitzung des
Sicherheitsrates, dem welthöchsten Gremium speziell für solche Fälle,
musste ebenso schnell wieder abgesagt werden. Frankreichs
Resolutionsentwurf stieß auf Widerspruch. Russland missfiel nicht nur
die Androhung militärischer Gewalt zur Durchsetzung der Resolution.
Auch die Schuldzuweisung an die syrische Regierung für den
mutmaßlichen Giftgasangriff passte dem Kreml nicht. Echte
Gesprächsbreitschaft sieht anders aus.

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