Der Münsteraner Islam-Professor Dr. Mouhanad
Khorchide hofft, dass die Umwälzungen und Proteste in den
nordafrikanischen und arabischen Staaten auch zu einer Erneuerung des
Islam führen. Die Menschen gingen dort zwar auf die Straße, um
politische und soziale Reformen herbeizuführen. „Ich hoffe aber, dass
sie den Wunsch nach Veränderung in das Bild ihrer Religion
aufnehmen“, sagte der muslimische Theologe (39) im Gespräch mit dem
Bielefelder „Westfalen-Blatt“ (Samstagsausgabe).
Gleichzeitig geht Khorchide mit der traditionellen
Religionsvorstellung ins Gericht: „Wo ist der Beitrag des Islam,
damit diese Ungerechtigkeiten ein Ende haben? Wieso trägt die
Religion, beispielsweise in Saudi-Arabien, nicht zu Veränderungen
bei, obwohl dort Tag und Nacht von Religion gesprochen wird?“ Dort
werde eine falsch verstandene Religion propagiert. Sie legitimiere
lediglich die bestehenden Verhältnisse.
Khorchide, gebürtig aus dem Libanon, wird als Professor des
gemeinsamen Islamzentrums der Universitäten Münster und Osnabrück ab
dem Wintersemester die ersten Imame an deutschen Hochschulen
ausbilden. Er vertritt einen aufgeklärten, mit der pluralistischen
Gesellschaft Europas in Einlang lebenden Islam. „Ich will einen
Diskurs, um den Islam von innen heraus zu reformieren.“ Die von ihm
angestrebte „islamische Reformation“ stehe jedoch vor großen
Herausforderungen: „Es ist eine Frage der Bildung. Bei vielen
Menschen, die als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen sind, gibt
es da Mängel.“ Viele verstünden den Koran falsch, für sie sei der
Islam immer noch eine Gesetzesreligion. Zudem werde es wohl noch ein
bis zwei Generationen dauern, bis das Selbstverständnis der Deutschen
die hier lebenden Muslime einbeziehe.
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