Westfalenpost: Gabriels Korrektur und Merkels Optionen Von Andre Schweins

Wenn der Lagerwahlkampf langsam hinübergleitet in
einen Optionenwahlkampf, dann ist der Urnengang nicht mehr fern. 34
Tage vor der Bundestagswahl erreicht die Feinfühligkeit der Deutung
von Aussagen der Polit-Heroen neue Spitzenwerte. Selbst SPD-Chef
Sigmar Gabriel rückt ab vom Plan der Steuererhöhungen und proklamiert
lieber eine konsequentere Verfolgung von Steuersündern. Ist die
Absetzbewegung von den Grünen zugleich eine zarte Weichenstellung
Richtung große Koalition? Seine Partei trifft sich zudem schon wenige
Tage nach der Wahl zu einem kleinen Parteitag. Um dort eine erneute
Regierungsbeteiligung unter Führung der CDU anzubahnen?

Viele Fragezeichen, noch keine erschöpfenden Antworten. Natürlich
nicht. Sicherlich ist die Steuerproblematik eine der zentralen Fragen
vor der Entscheidung am 22. September. Das spürt nicht nur Gabriel.
Nachbesserung tat Not. Dass SPD und Grüne ein Mehrheitsvotum
erhalten, das geben die Umfragewerte viel zu lange viel zu stabil
nicht her. Die Regierungsbildung hängt – das ist die Konstante –
entscheidend vom Resultat der FDP ab. Da ist es für die
Sozialdemokraten ratsam, Felder der Liberalen nicht mehr
ausschließlich konträr zu besetzen. Eine Frage des Steuerns.

Das Sichten und vorentscheidende Bewerten aller Optionen nach dem
Wahltag obliegt zuallererst der stärksten Fraktion im Bundestag.
Bundeskanzlerin Angela Merkel wird daher Äußerungen wie die von
Sigmar Gabriel zufrieden zur Kenntnis nehmen. Für ihre Union ist eine
große Koalition die zweite hochkarätige Variante für eine dritte
Amtszeit Merkels. Denn das Risiko einer solchen Elefanten-Hochzeit
ist für den Juniorpartner stets größer. Steuer-Neubewertungen hin
oder her.

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