Westfalenpost: Landtagswahl in Niedersachsen

Das Wimpernschlag-Ergebnis gestern Abend in
Niedersachsen lässt sich nicht zum großen politischen
Richtungswechsel in Deutschland hochdeuten. Zu knapp war der Ausgang.
Und dennoch ergeben sich Gewichtsverschiebungen, die die politische
Agenda bis zur Bundestagswahl prägen dürften. Zunächst und am
augenfälligsten: Es gibt eine Mehrheit im Bundesrat gegen die
Berliner Regierung.

Sodann sind die Personalquerelen bei
SPD und FDP vorerst vorbei. Die tiefen Stoßseufzer, die Peer
Steinbrück und Philipp Rösler am Abend ausstießen, waren bis Hannover
zu hören. Der SPD-Kanzlerkandidat ist eine lästige Debatte um sein
Lästermaul los, wofür er sich beim grundsoliden und bescheiden
auftretenden SPD-Spitzenkandidaten Stephan Weil bedanken darf. Und
bei den Grünen, die mehr und mehr auch auf dem konservativ geprägten
Land die Prozentpunkte einsammelten, die am Ende den Sieg ausmachten.
Die Grünen marschieren dann erfolgreich, wenn sie sich in die Mitte
aufmachen.

Nicht ganz so tief wie Steinbrück darf Rösler
durchatmen. Das furiose Wahlergebnis der Liberalen in seinem
Heimatland kann der Parteichef für sich verbuchen, aber die Demontage
seiner politischen Autorität ist damit nur gestoppt. Zu alter Kraft
wird der Vizekanzler kaum zurückfinden. Das macht das Regieren in der
Berliner Koalition nicht einfacher, zumal die Haudraufs unter den
Liberalen gelegentlich zu Größenwahn neigen und vergessen, dass der
niedersächsische FDP-Erfolg durch reichlich Rückenwind aus dem
CDU-Lager ermöglicht wurde. Der Union bleibt bis zur Bundestagswahl
nur die Hoffnung, dass die Popularität der Kanzlerin keinen Schaden
nimmt.

Pressekontakt:
Westfalenpost
Redaktion

Telefon: 02331/9174160