In Diktaturen steht jeder Bürger aus Prinzip unter
Generalverdacht. In Demokratien gilt dagegen grundsätzlich die
Unschuldsvermutung, ein hart erkämpftes Grundrecht. Nimmt man dies
als Maßstab, leben wir inzwischen in einer weltumspannenden Diktatur
der maßlos Daten ausspionierenden Geheimdienste, und das ist
furchtbar. Denn Gedankenfreiheit und Privatsphäre gehören unabdingbar
zur Menschenwürde dazu. Nur ist die systematische Überwachung im
Internet derart monströs, dass sie jede Vorstellungskraft übersteigt.
Vielleicht hat sich deshalb bisher auch kein nennenswerter Widerstand
dagegen geregt. Daher ist der Appell der 562 Schriftsteller um so
wichtiger. Nicht, weil die amerikanische NSA jetzt vor Angst zittert.
Aber doch, weil er ein Schritt auf dem Weg ist, deutlich zu machen,
dass Bürgerrechte auch im digitalen Zeitalter gelten.
Das Internet ist eine epochale Erfindung. Und es stellt viele
Fragen der Demokratie neu, die längst geregelt schienen. Natürlich
wird jede geheime Behörde die technischen Möglichkeiten nutzen, die
sich ihr bieten – hier also das Sammeln, Speichern und Verarbeiten
von Abermilliarden von Daten unbescholtener Bürger, die beim
Telefonieren oder Surfen ohne Mandat aus dem Netz gefischt werden.
Aber Geheimdienste sind noch keine Staaten im Staat. Sie sollten der
Kontrolle demokratisch gewählter Regierungen unterliegen. Es ist
Zeit, dass diese dem systematischen Machtmissbrauch einen Riegel
vorschieben.
Damit das endlich passiert, hilft Öffentlichkeit. Wie schlimm es
in Wahrheit um die Unverletzlichkeit der Privatsphäre bestellt ist,
zeigt übrigens der russische Geheimdienst. Hier werden bereits wieder
Schreibmaschinen angeschafft. Aus Angst vor Bespitzelung im Netz.
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