Westfalenpost: Westfalenpost zur Eröffnung der Fránkfurter Buchmesse

Die Buchwelt versteht sich gerne als ein
Frühwarnsystem für gesellschaftliche Veränderungen. Ob es um die
Unterdrückung der Meinungsfreiheit geht oder
Alphabetisierungs-Kampagnen – jenseits des Geschäfts steht immer die
historisch legitimierte besondere Verantwortung der Branche für die
Demokratie im Vordergrund. Bei dieser Buchmesse aber geht es in
erster Linie um das Geschäft. Denn das funktioniert nicht mehr wie
gehabt.

Das Internet zertrümmert die bisherigen
Verkaufswege. Die Erträge sinken. Es trifft die Verlage besonders
hart, dass es nicht ein Insider war, der das Modell des
US-Internetwarenhauses Amazon erfunden hat und damit kleine
Buchhandlungen ebenso in die roten Zahlen treibt wie große
Filialisten. Amazon geht es allein ums Geld, ob mit Büchern verdient
oder mit Kundendaten.

Die bisherige
Verwertungspolitik der Branche steht auf dem Prüfstand. Dazu gehört
der Grundsatz, dass ein Teil des Geldes, das mit Bestsellern verdient
wird, die Veröffentlichung von Werken unbekannter Autoren stützt.
Vielfalt macht eine lebendige Literaturlandschaft erst
möglich.

Aber wie lange können die Inhalte in der
bisherigen Vielfalt überleben, wenn der Druck auf die Zahlen derart
steigt? Sitzen die Autoren weiter am hungrigen Ende der
Nahrungskette, oder bietet das Internet eine Chance, sich von den
Verlagen zu emanzipieren? Und was ist mit dem Leser? Ist der auf dem
Weg in eine schöne neue Welt, in der ein Internetkaufhaus ihm
vorschreibt, was er lesen darf und was nicht? Wie man das Geschäft
mit dem Buch dreht und wendet, am Ende geht es immer um
Meinungsfreiheit.

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Westfalenpost
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