WAZ: Die Maut muss nicht sein – Kommentar von Miguel Sanches

Die Bundesregierung fährt das Land auf Verschleiß.
Es ist offenkundig, dass mehr in den Erhalt der Verkehrswege
investiert werden müsste. Aber ist eine Pkw-Maut deswegen schon
zwingend? Die Steuereinnahmen betragen jährlich 620 Milliarden Euro.
Viel Geld. Der Staat ist nicht gezwungen, die Infrastruktur verrotten
zu lassen. Vielleicht muss er seine Prioritäten nur neu setzen,
zuerst allgemein in den öffentlichen Haushalten, sodann speziell im
Verkehrsetat: Wofür gibt man einen Euro aus, für Reparatur oder
Neubauten?

Nebenbei: Wer sich das Rechnungshof-Gutachten über das
Kostenmanagement beim Bundesfernstraßenbau anschaut, hat nach der
Lektüre keine Lust mehr, mit dem schleswig-holsteinischen
Ministerpräsidenten Torsten Albig über eine Sonderabgabe für alle
Autofahrer zu diskutieren. Weil man von Bund und Ländern zuallererst
erwarten kann, dass sie mit ihrem Geld effizienter umgehen. Über all
diese Fragen verliert Albig kein Wort.

Davon unabhängig ist sein Vorschlag eines Sonderfonds „Reparatur
Deutschland“ problematisch. Es wäre ein Nebenhaushalt und damit eine
Selbsttäuschung. Wenn man neue Töpfe erfindet, ist es leicht, einen
ausgeglichenen Etat vorzulegen. Obendrein würde Albig die Abgabe
nicht mal befristen.

Spätestens seit dem „Soli“ weiß man, wohin das führt: Nichts ist
so langlebig wie ein Provisorium. Wenn die Einnahmen nicht genügen,
um die Ausgaben zu decken, ist es gerechter, die Steuern zu erhöhen,
weil die halbwegs nach der Leistungskraft erhoben werden.

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