„Gott schütze Rheinland-Pfalz!“ Mit diesen Worten
hat sich vor mehr als einem Vierteljahrhundert Bernhard Vogel
verabschiedet, nachdem ihn seine Partei gestürzt hatte. Mehr als zwei
Jahrzehnte lang kam die CDU in Rheinland-Pfalz nicht mehr auf die
Beine. Erst als vor einigen Jahren Julia Klöckner ihren warmen
Staatssekretärinnensessel in Berlin mit der harten Oppositionsbank im
Mainzer Landtag tauschte, hat sich die Union gefangen. Was dieser
geschichtliche Ausflug mit der aktuellen Krise der rot-grünen
Landesregierung in Rheinland-Pfalz zu tun hat? Wo
SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer auf den nicht enden wollenden
Nürburgring-Skandal doch mit einem Befreiungsschlag reagiert hat und
mitnichten – wie seinerzeit Bernhard Vogel – von ihrer Partei in die
Wüste geschickt wird? Gleichwohl könnte der gestrige Tag den Anfang
vom Ende der sozialdemokratischen Ära in Rheinland-Pfalz markieren.
Und gewiss liefe die Partei nach dem übermächtigen Kurt Beck und nach
dem Machtverlust Gefahr, von Grabenkämpfen und einem Mangel an
Führungspersönlichkeiten zerrissen zu werden.
Eine Kabinettsumbildung von verstörendem Ausmaß
Eine düstere Prognose, deren Wahrheitskern sich erst nach der
Landtagswahl im Frühjahr 2016 erweisen wird. Die Rufe der
Oppositionsführerin nach Neuwahlen sind schließlich ebenso wohlfeil,
wie das voraussichtlich folgende Misstrauensvotum gegen ihre
Kontrahentin Dreyer ins Leere laufen wird. Der scheinbare
Befreiungsschlag wird die SPD in Rheinland-Pfalz allerdings nicht von
dem Stigma befreien, durch Prestigeprojekte wie den Freizeitpark am
Nürburgring, den Flughafen Hahn und den noch überflüssigeren
Flughafen Zweibrücken die finanzielle Handlungsfähigkeit des Landes
verspielt zu haben. Auch eine Kabinettsumbildung dieses fast schon
verstörenden Ausmaßes wird Dreyer und ihre Partei nicht vor der
Erinnerung bewahren, wie die SPD-Alleinregierung vor der letzten
Landtagswahl diese Sanierungsfälle nur übertünchte, um ihre Macht im
Land nicht zu gefährden. Wenn sich dann noch die AfD als politisches
Phänomen in den kommenden eineinhalb Jahren weiter festsetzen sollte,
wird sich Julia Klöckner voraussichtlich aussuchen können, ob sie in
Mainz mit der Grünen regieren will oder einer SPD ohne Dreyer gnädig
die Rolle des Juniorpartners offeriert. Die Partei, die Rudolf
Scharping vor 23 Jahren in Mainz an die Macht brachte und die Kurt
Beck bis zu seinen großen Fehlentscheidungen so souverän geführt hat,
sie steht ganz nah am Abgrund. Auch wenn sie es noch nicht gemerkt
hat.
Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Isabell Steinbach
Newsmanagerin
Telefon: 06131/485925
desk-zentral@vrm.de