In diesem Jahr, in dem sich der Völkermord an
den Armeniern durch die Türken zum 100. Mal jährt, erzeugt der
türkische Präsident Erdogan eine Art Pogromstimmung gegen die Kurden.
Vielleicht hat Erdogan diese Eskalation so nicht gewollt, aber er hat
sie mit seiner Polarisierung der Gesellschaft billigend in Kauf
genommen.
Seit der Wahl, bei der die Präsidentenpartei AKP im Juni ihre
absolute Mehrheit verloren hat, läuft Erdogan politisch Amok. Der
Staatschef hatte einen ganz anderen Plan: Mit einer
Zwei-Drittel-Mehrheit hätte seine AKP im Parlament das von Erdogan
angestrebte Präsidialsystem à la Putin mit sich selbst an der
Spitze beschließen sollen. Was nicht ist, kann noch werden – wenn in
der Türkei erneut gewählt wird. Erdogans Kampagne ist so durchsichtig
wie Plastikfolie: Die prokurdische Partei HDP soll als politischer
Arm der verbotenen kurdischen Befreiungsorganisation PKK gebrandmarkt
und unter die Zehn-Prozent-Hürde gedrückt werden. Dann wäre sie nicht
mehr im Parlament vertreten und würde Erdogans Machtwahn nicht mehr
im Weg stehen.
Ob dieses Kalkül aufgeht, hängt von der weiteren Entwicklung ab.
Man muss befürchten, dass Erdogan einen Bürgerkrieg anzetteln würde,
um sein Ziel zu erreichen.
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Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
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