WAZ: Kein Ausweg für Kraft – Kommentar von Tobias Blasius zum Einsatz eines Gutachters im Fall Amri

Eigentlich macht Ministerpräsidentin Kraft im Umgang
mit dem Terrorfall Amri exakt das, was geboten ist: Sie wägt
angesichts der unübersichtlichen Lage ihre Worte, signalisiert
Zustimmung zu Gesetzesverschärfungen, drückt Mitgefühl aus,
appelliert an den gesellschaftlichen Zusammenhalt, lässt einen
„Sonderermittler“ mögliche Behördenfehler aufspüren.

Ein Ausweg aus der Defensive in der Sicherheitsdebatte ist dennoch
nicht erkennbar. Krafts Aufklärungsarbeit vollzieht sich eben im
Schatten der ungestümen Vorwärtsverteidigung ihres Innenministers
Jäger. Sein Gerede vom Rechtsstaat, der „bis an seine Grenzen“
gegangen sei, nährte von Beginn an Zweifel an einer ergebnisoffenen
Prüfung möglichen Behördenversagens.

Krafts „Sonderermittler“ trägt die Hypothek einer von Jäger schon
beantworteten Schuldfrage. Und konkurriert womöglich mit einem
Untersuchungsausschuss, der mehr Befugnisse, Zeit und größere
Öffentlichkeit hat.

Es liegt nahe, dass die Opposition die Chance nutzen wird, den
NRW-Strang des islamistischen Anschlags mit allen parlamentarischen
Rechten aus den Archiven des Innenministeriums ans Licht zu zerren.

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 – 804 6519
zentralredaktion@waz.de

Original-Content von: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, übermittelt durch news aktuell