Aus diesem Grund erübrigt sich eigentlich die Debatte, ob der 8. Mai in Deutschland ein Feiertag werden soll. Wenn es ein Tag verdient hätte, dann dieser. Bisher aber war er nur in Berlin ein offizieller, wenn auch unregelmäßiger Feiertag. Diskutiert wird darüber trotzdem. Und hier liegt das Problem: Während bundesweit absurde religiöse Begebenheiten („Christi Himmelfahrt“) zum Feiertag gemacht wurden, ist der Tag der Befreiung ein fast gewöhnlicher Tag zwischen Arbeit, Schulstress und Einkauf im Supermarkt. Das beschmutzt nicht nur die Verdienste der Befreier; es zeigt auch die Prioritäten der politischen Klassen in diesem vereinigten Deutschland: Erst kommt Gott, dann alles andere.
In einigen (westlichen) Bundesländern blicken Menschen nur fragend in die Runde, wenn sie auf den 8. Mai angesprochen werden. Motto: „War das nicht irgendwas mit Krieg?“ Zufall ist das nicht. In der alten Bundesrepublik war dieser Tag lange ein Makel in der ach so ruhmreichen Geschichte zwischen Nordsee und Alpen. Es war keine „Befreiung“, sondern eine „Kapitulation“. Eine Art Wunde, die nicht verheilt und noch immer wehtut. Erst Mitte der 80er Jahre änderte sich der Sprachgebrauch langsam, als Bundeskanzler Helmut Kohl und Bundespräsident Richard von Weizsäcker das richtige Wort öffentlich aussprachen.
Den reaktionären Geist aber hat die politische Klasse nie ganz abgelegt: Noch heute fällt es ihr schwer, die großen Verdienste der Sowjetunion und ihrer Völker im Kampf gegen den Hitlerfaschismus anzuerkennen. Der russische Angriff auf die Ukraine hat diese Russophobie noch verstärkt.
Doch dieser Donnerstag macht Hoffnung. Denn zum 80. Jahrestag schienen deutlich mehr Menschen gekommen zu sein als in den Jahren zuvor. Und Hoffnung ist in Zeiten von Meinungsumfragen, bei denen die AfD die stärkste Partei in Deutschland ist, bitter nötig. Denn zwölf Jahre Barbarei sind mehr als ein „Vogelschiss“, zu dem diese Partei den deutschen Faschismus am liebsten machen will.
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