Genau ein Jahr ist es jetzt her, dass das
Bundesverfassungsgericht zentrale Hartz-IV-Regelungen als willkürlich
einstufte und der Politik umfangreiche Nachbesserungen auftrug. Aber
eine Lösung lässt immer noch auf sich warten. Regierung und
Opposition schieben sich dafür gegenseitig den Schwarzen Peter zu.
Das ist ein übliches Ritual. Die Bürger sind jedoch nur noch genervt
von diesem Trauerspiel. Dabei muss allen politisch Beteiligten klar
sein, dass ein Scheitern der Verhandlungen nicht nur ein
Armutszeugnis für ihre eigene Zunft wäre. Auch in der Sache wäre ein
Chaos programmiert. Da praktisch ein verfassungswidriges Gesetz
weiter gelten würde, könnte jeder Interessierte munter dagegen
klagen. Im Ergebnis würden Richter den Regelsatz festlegen und sich
womöglich darin sogar überbieten. Auch was den Kindern zustünde, ist
ein weites juristisches Feld. Politische Unfähigkeit würde so erst
recht in milliardenschwere Zusatzausgaben umschlagen. Was also ist zu
tun? Alle Beteiligten müssen ideologisch abrüsten. Für Union und FDP
heißt das zum Beispiel, sich von der unsinnigen Idee zu
verabschieden, Zeitarbeitern erst nach neun Monaten den gleichen Lohn
wie der Stammbelegschaft zu gewähren. Schließlich war die Branche
einst kreiert worden, um kurzfristige Auftragsspitzen abzubauen und
nicht, um das Gehaltsniveau im Entleiherbetrieb zu drücken. Und die
SPD muss einsehen, dass ihr Vorschlag für eine Neuberechung des
Regelsatzes genauso auf Zufälligkeit und Gutdünken beruht, wie sie es
der Regierung in diesem zentralen Punkt vorwirft. Wenn sich beide
Seiten in dieser Weise bewegen, sollte eine Einigung möglich sein –
sogar noch rechtzeitig zur Bundesratssitzung an diesem Freitag.
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