So einfach und flott, wie es sich viele
Atomkraftgegner vorgestellt haben, wird es mit dem Ausstieg aus der
Kernkraft in Deutschland wohl doch nicht gehen. Zum einen wehren sich
die Stromkonzerne mächtig dagegen, und zum anderen treten Politiker
der Regierungskoalition zunehmend auf die Bremse. Hatte der
bayerische Umweltminister Markus Söder (CSU) vor gut einer Woche noch
den Wettlauf der Länder um den schnellsten Ausstieg aus der
Nuklear-Industrie ausgerufen, warnen plötzlich die Generalsekretäre
von CDU und FDP vor übereiltem Ausstieg. Und der CDU-Fraktionschef im
Bundestag, Volker Kauder, spricht gar von „Enteignung“ der
Energiekonzerne, schriebe man den Ausstieg vor. Die Landtagswahlen
sind zunächst vorbei, da kann man die Dinge auch wieder in einem
anderen Lichte sehen. Zudem sind die Zeitungen nicht mehr jeden Tag
voll von Schreckensnachrichten aus Japan. Das Publikum wird sich
daran gewöhnen und ist ja auch nicht direkt betroffen, so die
Überlegungen. Das bestärkt den Verdacht, dass das hastige Moratorium
nur mit Blick auf die Wahlen in Stuttgart und Mainz verkündet wurde.
Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, der genau das gebeichtet hatte
und dafür kritisiert wurde, erfährt Bestätigung. Die Frage von
Energiesicherheit und Umweltschutz ist aber zu wichtig, um sie nach
Wahlterminen zu beantworten. Die Koalition handelt verantwortungslos.
Dass RWE & Co. sich ihre Geldkühe nicht widerstandslos schlachten
lassen wollen, ist verständlich. Sie sind zu Protest geradezu
verpflichtet, schon allein, um die Ansprüche ihrer Eigner zu sichern.
Jetzt rächt es sich, dass die Regierung die Laufzeitverlängerung mit
heißer Nadel genäht hat und nun versucht, mit genauso heißer Schere
die Nähte wieder aufzutrennen. Es ist erschreckend, wie leichtfertig
die Bundesregierung mit dem Thema umgeht.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de