Kühnheit gefragt
Nach einem besseren Leben zu streben zählt zu den ureigensten
Instinkten des Menschen. Seinen Lebensstandard zu schützen aber auch.
Und so blicken die Europäer sorgenvoll nach Afrika, fürchten einen
„menschlichen Tsunami“, der die Wälle ihrer Festung niederreißt.
Gerade Innenminister Friedrich, bisher nicht als Freund des Islam
aufgefallen, würde in Argumentationsnot geraten, ließe er nun die
Tore öffnen. Und so demonstriert er vorbeugende Härte gegenüber
Flüchtlingen sowie Italien.
Deutschland, auch Frankreich, scheint sich abkapseln zu wollen.
Bereits bei den Umstürzen in Nordafrika fiel es manchem schwer, sie
vorbehaltlos zu begrüßen. Lieber einen Polizeistaat als Islamismus,
so die tendenziell zynische Argumentation. Jetzt drängt sich der
nächste bittere Eindruck auf: lieber einen Polizeistaat als löchrige
Grenzen.
Worum es gehen muss, hat gestern nicht die EU bewiesen. Sondern
das Konsortium Desertec. Gerade jetzt verstärkt das
Sonnenstrom-Netzwerk sein Engagement und geht nach Tunis. Es groß
angelegt zu unterstützen brächte die Dinge zweifach voran.
Einerseits, indem die Wirtschaft vor Ort neue Perspektiven hat und
der Ausreiseanreiz sinkt. Andererseits, weil Deutschland nach der
Atom-Zeit ohnehin nach neuen Wegen sucht – warum nicht, ähnlich kühn
wie die Energiewende selbst, in einem solaren Schulterschluss mit
Tunesien?
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