Neue OZ: Kommentar zu Familienpolitik

Die Last tragen die Falschen

Die ersten Lebensjahre sind für die menschliche Entwicklung so
wichtig wie keine Phase danach. Nie wieder lernt das Gehirn so viel
und so schnell wie in der Vorschulzeit. Im Zuge dieser Erkenntnis hat
die Erforschung der frühkindlichen Bildung und Entwicklung in den
vergangenen Jahren immens an Interesse gewonnen.

Jedoch haben die Ergebnisse noch nicht genügend Einzug in den
Alltag gehalten. Statt allen Kindern bessere Chancen von Geburt an
einzuräumen, fehlen in Deutschland insbesondere für unter Dreijährige
zu viele Kita-Plätze. Und wer sein Kind in Krippe oder Kindergarten
anmeldet, muss dafür in den meisten Orten mehr zahlen als Studenten
für Studiengebühren und -beiträge. Die Last einer guten Basisbildung
tragen damit fälschlicherweise diejenigen, die es sich finanziell am
wenigsten leisten können: die jungen Familien.

Kein Wunder, dass sich viele Paare den Baby-Wunsch erst dann
erfüllen, wenn sie sich imstande sehen, die zusätzlichen Kosten zu
schultern, ohne ihren Lebensstandard zu riskieren. Die fatale Folge:
eine der geringsten Geburtenraten in den Industrieländern. Dies kommt
einer klaren Absage an die deutsche Familienpolitik gleich.

Beitragsfreie Kita-Jahre, immer mehr Ganztagsschulen und
kostenlose Bildungsangebote für Kinder aus sozial schwachen Familien
zeigen, dass die Probleme angegangen werden. Doch das reicht noch
nicht. Um sie zu lösen, bedarf es weiterer Anstrengungen.

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