Das Misstrauen sitzt tief
Die Vereinigten Staaten haben Osama bin Laden zur Strecke gebracht
– das ist ein Grund zu uneingeschränkter Freude. Dass sich die
US-Regierung dennoch Kritik gefallen lassen muss, hat sie sich selbst
zuzuschreiben.
Das Weiße Haus ist im Kampf gegen den Terrorismus in den
vergangenen zehn Jahren immer wieder über das Ziel hinausgeschossen.
Der Schandfleck Guantánamo, geheime CIA-Folter-Gefängnisse, illegale
Entführungen, gezieltes Töten durch ferngesteuerte Flugkörper: Das
rechtsstaatliche Sündenregister der USA ist lang. Deshalb steht für
die Kritiker fest, dass Washington auch und gerade im Fall Bin Laden
nicht lange gefackelt hat.
Wer den Einsatz in Pakistan so sieht, macht es sich aber zu
einfach. Die Theorie, Barack Obama habe dringend einen politischen
Erfolg gebraucht und deshalb den Tod Bin Ladens befohlen, ist nicht
sehr überzeugend. Denn der Präsident wäre auch dann als Triumphator
über den Staatsfeind Nummer eins in die nächste Wahl gegangen, wenn
der Al-Kaida-Chef in Pakistan ergriffen und danach angeklagt worden
wäre.
Es spricht wenig dafür, dass der besonnene Jurist Obama mit einer
gezielten, willkürlichen Tötung Bin Ladens das Völkerrecht ignoriert
hat. Man darf ihm abnehmen, dass er in erster Linie eine Festnahme
Bin Ladens wollte und dieser nach hartem Widerstand und einem
Feuergefecht gestorben ist.
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