Rheinische Post: Arabische Unruhe
von Godehard Uhlemann

Ägypter und Tunesier haben ihre despotischen
Herrscher verjagt, doch Ruhe ist bis heute nicht eingekehrt. Es kommt
immer wieder zu Krawallen, Verletzten und Toten. Es gibt
Ausgangssperren und eine tiefe Angst der Bürger, am Ende doch
betrogen zu werden, weil die Kader der alten Eliten nicht daran
denken, dem Volk die Macht zu überlassen. Doch wer ist das Volk? Auch
hier ist die Lage diffus. Die einfachen Menschen, die
wirtschaftlichen Fortschritt und Perspektiven mit mehr Freiheiten für
ihre Familien suchen, unterscheiden sich von Militärs, Parteifürsten
und Technokraten, denen es vor allem um die Zementierung der eigenen
Macht geht, und die keinesfalls Rechenschaft ablegen wollen. In
Syrien, Libyen und dem Jemen sieht man Regime in Agonie, man sieht
aber auch Krieg und ausufernde Brutalität gegen die eigenen Bürger
als Mittel zu deren Einschüchterung. Viele Ägypter und Tunesier
fürchten daher die Reconquista ihrer vertriebenen Kaste. Andere
arabische Führer sehen mit Grausen die Folgen einer
Freiheits-Epidemie, die in Nordafrika begann. Europa kann helfen.
Dabei geht es auch um Geld, vor allem aber um Kontakte und
Ermutigung. Es geht um kluge Diplomatie und Anreize, damit der Exodus
Richtung Europa ausbleibt.

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