Deutsche Umwelthilfe fordertökologische Reform der Dienstwagenbesteuerung

Pressemitteilung

Aktuelle Regelung belohnt systematisch Kauf von
Klimakiller-Dienstwagen – DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch
verlangt „Ende der industriepolitisch wie ökologisch skandalösen
Fehlsteuerung“ – Umweltorganisation stellt „Top 10“ der
subventionierten Geschäftsfahrzeuge vor – Bundesfinanzminister
fördert Kauf von Dienstwagen mit bis zu 59 Prozent der Anschaffungs-
und Betriebskosten – Belastung des Bundesetats bis zu 5,5 Milliarden
Euro pro Jahr – DUH fordert Beschränkung der steuerlichen
Absetzbarkeit auf Dienstwagen, die CO2-Zielwerte der EU einhalten

Im Rahmen der angestrebten Energiewende müht sich die
Bundesregierung, das Programm zur energetischen Gebäudesanierung auf
eine Fördersumme von zwei Milliarden Euro aufzustocken. Gleichzeitig
behindert dieselbe Bundesregierung durch Fehlanreize bei der
Besteuerung von Dienstwagen den dringend notwendigen Klimaschutz im
Verkehrsbereich. Bis zu 5,5 Milliarden Euro lässt es sich
Schwarz-Gelb Jahr für Jahr kosten, in großem Stil und gezielt
übermotorisierte und Klima belastende Dienstwagen zu subventionieren.
Darauf hat die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) hingewiesen und ein
Konzept zur ökologischen Reform der Dienstwagenbesteuerung
vorgestellt.

„Deutschland will Vorreiter beim Klimaschutz sein, gleichzeitig
leistet sich die Bundesregierung ein weltweit einzigartiges
Steuerrecht, das ökologische Ignoranz beim Dienstwagenkauf
systematisch mit Milliardensummen honoriert“, sagte
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Dabei gebe es nach oben keine
Grenzen. Dienstlimousinen der Luxusklasse erhalten Subventionen von
bis zu 59 Prozent, was für den „Marktführer“ Maybach 62 Zeppelin
(Listenpreis: 563.108 Euro) bedeutet, dass der Staat dem stolzen
Besitzer mit über 330.000 Euro unter die Arme greift. Wer sich einen
Mercedes S-65 AMG L (Listenpreis: 229.789 Euro) leistet, erhält bis
zu 135.000 Euro, der gewerbliche Halter eines VW Phaeton V8
(Listenpreis: 99.600 Euro) immerhin noch bis zu 70.500 Euro (s. Liste
„Top 10 Klimakiller-Limousinen“ im Anhang dieser PM). Es sei deshalb
nicht verwunderlich, dass in diesem Segment praktisch alle neu
zugelassenen Limousinen gewerblich zugelassen seien. Die Förderung
solcher Liebhaber-Fahrzeuge nennt Resch angesichts chronisch klammer
öffentlicher Haushalte „industriepolitisch wie ökologisch skandalös“.

Wichtiger für den Klimaschutz, aber auch die Zukunft der deutschen
Automobilindustrie sei jedoch der Einfluss der derzeitigen
Förderpraxis auf das große Segment der normalen
Mittelklasse-Dienstwagen. Sie hat die DUH auf Basis der
Zulassungsstatistik des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) im Einzelnen
untersucht. Dabei habe sich gezeigt, dass der Anteil gewerblicher
Neuzulassungen systematisch mit der Motorisierung und damit dem
Kraftstoffverbrauch und den CO2-Emissionen steil ansteige.
Beispielsweise lag der Anteil gewerblicher Neuzulassungen bei einem
3-er BMW mit einer Motorisierung von 105 kW (149 g CO2/km) im Jahr
2009 bei 37,6 Prozent, bei einem 3-er BMW M3 mit 309 kW und einem
CO2-Ausstoß von 295 g/km aber mehr als doppelt so hoch bei 80,2
Prozent. Tendenziell ähnliche Resultate ergeben sich auch bei den
fünf anderen von der DUH untersuchten typischen
Mittelklasse-Dienstwagen deutscher Hersteller (s. Auswertung im
Anhang der PM). Resch: „Wir sehen einen glasklaren Zusammenhang und
eine eklatante ökologisch und soziale Fehlsteuerung, die noch dazu
Milliardenlöcher in den Bundeshaushalt reißt.“

Die DUH schlägt eine fundamentale Reform der
Dienstwagenbesteuerung vor, deren Höhe sich an ökologischen Kriterien
orientieren soll. Ziel müsse sein, dass die Autoindustrie schnell in
allen für Dienstwagen relevanten Fahrzeugsegmenten eine Vielzahl an
Limousinen anbiete, die bei den Treibhausgas-Emissionen unterhalb der
derzeitigen bzw. ab 2012 geltenden EU-Grenzwerte von 140 bzw. 120 g
CO2/km bleiben. Dazu müsse die steuerliche Abzugsfähigkeit der
Anschaffungskosten ebenso entsprechend dem Spritverbrauch bzw. dem
CO2-Ausstoß geregelt werden wie der vom Staat angesetzte so genannte
geldwerte Vorteil. Außerdem sollen die Betriebskosten nicht höher als
beim jeweils geltenden steuerlichen Pauschalbetrag (derzeit: 30
Cent/km) staatlich anerkannt werden. In voller Höhe sollen die
Anschaffungskosten nach den Vorstellungen der DUH nur noch absetzbar
sein, wenn das Fahrzeug den EU-Grenzwert von 120 g CO2/km, der ab
2012 gilt, erfüllt.

Fahrzeuge mit mehr als 160 g CO2/km sollen nach Auffassung der DUH
künftig grundsätzlich als „Liebhaberei“ gewertet werden, also weder
in der Anschaffung noch im Unterhalt steuerlich abzugsfähig sein.
„Ein solcher Systemwechsel beim Dienstwagenprivileg würde unmittelbar
Einfluss gewinnen auf die Modellsteuerung der Autobauer hin zu
spritsparenden Fahrzeugen und so die Wettbewerbsfähigkeit deutscher
Autohersteller im Ausland stärken“, erklärte Resch. Das seien jedoch
die Pkw, die die Welt angesichts steigender Kraftstoffpreise immer
stärker nachfrage. „Die Umsetzung unserer Reformvorschläge würde
mittelfristig dafür sorgen, dass die deutschen Hersteller in der Welt
wettbewerbsfähiger werden, als sie es jetzt sind“, sagte Resch.

In anderen EU-Mitgliedstaaten wie Belgien, Großbritannien oder
Frankreich wurden ökologische Reformen der Dienstwagenbesteuerung
bereits erfolgreich durchgeführt. In diesen Ländern wird die
Neuzulassung von Dienstfahrzeugen an niedrige CO2-Emissionen
gekoppelt. Spritschlucker, die in Deutschland gezielt gefördert
werden, können dort entweder nicht oder nur eingeschränkt als
Betriebsausgaben abgesetzt werden. Resch appellierte an die
Bundesregierung, „im Rahmen der derzeit vorbereiteten Energiewende
auch die anachronistische Förderung von Dienstwagen mit besonders
hohen Klimagasemissionen abzuschaffen“.

Anhänge: DUH-Hintergrund, „TOP 10“ der Klimakiller-Limousinen,
Auswertung der Abhängigkeit von Motorisierung und Anteil Dienstwagen
bei Neuzulassungen
http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=2585

Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-0, Mobil: 0171
3649170, E-Mail: resch@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Tel.: 030 2400867-0, Mobil: 0171 5660577, Fax: 030
2400867-19, E-Mail: rosenkranz@duh.de