Ein Kommentar von Martin Kessler:
Die Würfel sind gefallen. Mario Draghi wird wohl Mister Euro,
nachdem Kanzlerin Angela Merkel ihre Zustimmung zur Ernennung des
Italieners zum Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB)
signalisiert hat. Ihre erste Wahl war der exzellente Währungsfachmann
sicher nicht. Lange sah es so aus, als ob die Kanzlerin lieber den
krisenerprobten früheren Bundesbankpräsidenten Axel Weber auf diesem
Posten gesehen hätte. Merkel wurde es zum Verhängnis, dass sie außer
Weber keinen Kandidaten für den EZB-Vorsitz hatte. Den sperrigen
Deutschen durchzusetzen, war ihr zuvor nicht gelungen. Weber hatte
als Mitglied des EZB-Zentralbankrats den eigenen Präsidenten
Jean-Claude Trichet öffentlich kritisiert. Geschickt hoben Sarkozy
(Frankreich), Berlusconi (Italien) und der eigene Finanzminister
Schäuble den Währungsexperten Draghi auf den Schild. Merkel war
ausgetrickst. Fachlich ist gegen den Italiener nichts einzuwenden.
Gleichwohl ist nicht restlos geklärt, ob er als Mitarbeiter der
Investmentbank Goldman Sachs an den Betrügereien der Griechen bei der
Aufnahme in den Euro beteiligt war. Weber, der gleichfalls in der
Finanzwelt große Reputation genießt, wäre also der Kandidat mit dem
geringeren Risiko gewesen.
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