Neue Westfälische (Bielefeld): Facebook, das Internet und der soziale Wandel
Die Party ist vorbei
MATTHIAS BUNGEROTH

Es ist zum vertrauten Bild geworden. Egal ob in
Bus oder Bahn, in den Einkaufsstraßen, Cafés und Bars – wer etwas auf
sich hält, hat ein Smartphone in der Hand, also ein internetfähiges
Mobiltelefon, und hält damit auf Schritt und Tritt Kontakt zu seinen
Mitmenschen in aller Welt. Es wird gepostet was das Zeug hält. Zu
deutsch: Wir setzen in Internetforen Nachrichten ab über alles, was
sich im privaten oder beruflichen Leben abspielt. Vom Schuheinkauf
bis zur Kindsgeburt, vom Urlaub bis zum neuen Arbeitsvertrag wird
alles einem Freundeskreis oder auch der kompletten Internetgemeinde
weltweit zugänglich gemacht. Und die Freunde machen es ebenso. Ist
das verwerflich? Keineswegs. Dass immer größere Teile des Lebens von
immer mehr Menschen im Internet dokumentiert, diskutiert und
verarbeitet werden, ist vor allem Ausdruck eines sehr ausgeprägten
Selbstdarstellungsbedürfnisses der jungen Generationen. Das sagt der
Medienrechtler Bernd Holznagel auf dem Medienforum NRW in dieser
Woche in Köln. Holznagel, Direktor des Instituts für Informations-,
Telekommunikations- und Medienrecht in Münster hat in diesem
Zusammenhang vor allem den Branchenriesen Facebook im Blick, jenes
soziale Netzwerk, durch das mittlerweile eigenen Angaben zufolge
weltweit mehr als 600 Millionen Menschen zusammengeschlossen sind. In
Deutschland sind inzwischen rund 18 Millionen Menschen bei Facebook
registriert und damit nahezu jeder zweite Internetnutzer im Land –
Tendenz steigend. „Facebook ist und bleibt kostenlos“ – mit diesem
Satz wird jeder Internetnutzer auf der Homepage des
Netzwerkbetreibers begrüßt. Ein Versprechen, das leicht fällt. Denn
ein Pool von persönlichsten Daten von 600 Millionen Menschen in der
Welt hat einen wirtschaftlichen Gegenwert, der praktisch unbezahlbar
ist. Heute sei noch völlig unabsehbar, für welche gewerblichen Zwecke
die sozialen Netzwerke die Daten ihrer Nutzer in Zukunft einmal
verwenden werden. Und zu den sozialen Netzwerken zählt nicht nur
Facebook, sondern auch Twitter, Xing, Myspace, Schüler- oder StudiVZ.
Einen Hinweis darauf, wohin bei der Datennutzung die Reise geht, gibt
Joanna Shields, Facebook-Vizepräsidentin für Europa, Mittlerer Osten
und Afrika. Sie kündigt einen Auftritt auf der Fachmesse IBC für
elektronische Medien in London an. Sie wolle Facebook zur größten
Marketing- und Kommunikationsplattform für Werbefirmen und Marken
weltweit machen, heißt es in einer Mitteilung der IBC-Messe. Ist das
verwerflich? Keineswegs. Aber: Man muss es wissen, wenn man soziale
Netzwerke nutzt und dort privateste Dinge postet. Was Facebook in
erster Linie interessiert: Hier hinterlassen in Deutschland zu gut 90
Prozent Vertreter der werberelevanten Zielgruppe zwischen 14 und 49
Jahren ihre Spuren. Da sind Begleiterscheinungen wie auf Facebook
organisierte Massenpartys nur Fußnoten der Netz-Gechichte. Die Party
ist vorbei, das Leben hat begonnen.

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