Mittelbayerische Zeitung: Kommentar der Mittelbayerischen Zeitung Regensburg zu den Problemen bei der Einführung des Bundesfreiwilligendienstes

Etikettenschwindel

Weil es mehr Bewerber für das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) gibt
als Stellen, zieht Familienministerin Kristina Schröder (oder ein
ignoranter Ministerialer) einen Trick aus dem Hut, der den lahmenden
Bundesfreiwilligendienst (BFD) in Schwung bringen soll. Das Dumme
dabei: Der Trick funktioniert nicht. Mit den Worten „Ego te papam
carpem“ („Ich taufe dich Karpfen“) sollen findige Mönche einst in der
Fastenzeit einen fetten Braten gesegnet haben, um die fleischlose
Zeit straflos zu umgehen. Schröder will jetzt kurzerhand Zehntausende
von jungen Leuten im FSJ in BFD-ler umtaufen lassen. Das wird aber
nicht gelingen, zumindest nicht so schnell, wie es sich die
Bürokraten des Ministeriums vorstellen. Das FSJ hat sich in
Jahrzehnten bewährt, bietet Einstiege ins Berufsleben, ein
pädagogisches Konzept und soziale Sicherheit – Argumente, auf die
sich der BFD (noch) nicht stützen kann. Wenn die Ministerin also aus
dem Urlaub zurückkehrt, muss sie als erstes den Unsinn, den ihr Haus
veranstaltet, einkassieren. Denn anders als bei den Mönchen werden
solche Sünden nicht erst im Jenseits bestraft.

von Reinhold Willfurth

Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de